Zentralrat der Juden Sorge um Stimmung in Deutschland und Vorwürfe gegen AfD

Berlin · Vertreter von Judentum und Islam sorgen sich um die Stimmung in Deutschland. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, befürchtet, dass sich die AfD künftig vermehrt antisemitisch äußern könnte.

 Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden.

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden.

Foto: dpa

"Es ist eine Partei, die gegen Minderheiten Stimmung macht", sagte Schuster dem "Tagesspiegel". Im Moment seien das vorwiegend Muslime. "Ich bin aber überzeugt: Wenn das Thema Muslime nicht mehr interessant sein sollte und es wäre zudem politisch wie gesellschaftlich opportun, dann könnte es sehr wohl andere Minderheiten treffen. Dazu zähle ich auch Juden."

Der religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, warf der AfD am Sonntag in Berlin eine "doppelzüngige Propaganda" vor: Sie versuche, mit "antimuslimischen Tönen" auch Juden anzusprechen. "Gleichzeitig fordert sie ein Schächtverbot, das Muslime meint und Juden mit trifft. Und die Anhängerschaft lässt kein Zweifel daran, dass sie das Gleiche bei der rituellen jüdischen oder muslimischen Beschneidung von Jungen denken."

"Islamfeindlichkeit ist salonfähig geworden"

Der Vorsitzende des Islamrates, Burhan Kesici, hatte am Samstag in Berlin erklärt, auch andere Parteien hätten populistisch gegen Interessen von Muslimen agiert. "Das Aufgreifen islamfeindlicher Parolen der AfD durch die etablierten Parteien hat dazu beigetragen, dass Islamfeindlichkeit inzwischen salonfähig geworden ist." Zudem habe sich keine der etablierten Parteien "ausdrücklich" für Sorgen und Interessen der Muslime eingesetzt.

Das politische Klima habe sich für Muslime in den vergangenen Jahren verschlechtert. "In diesem Wahlkampf mussten wir mitansehen, wie Muslime und der Islam zu Wahlkampfzwecken teils dämonisiert wurden", sagte Kesici. Er hatte zugleich Muslime zur Teilnahme an der Bundestagswahl aufgerufen.

"Gegen rechtsextremistisches Gedankengut kann nur sinnvoll vorgegangen werden, wenn an der freiheitlich demokratischen Grundordnung weiter festgehalten wird und insbesondere religiöse Minderheiten und Schutzbedürftige wie Flüchtlinge nicht zur Projektionsfläche wahltaktischer Kalküle gemacht werden", sagte Kesici.

(wer/KNA)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort