Bundestagswahl Diese AfD-Politiker ziehen jetzt in den Bundestag ein

Düsseldorf · Sie wollen einen Haftbefehl für Merkel, unterstellen Gegendemonstranten Inzucht und kritisieren Kondomwerbung – durch den Einzug der AfD gelangen viele Politiker in den Bundestag, die schon bald auf sich aufmerksam machen dürften. Eine Auswahl.

Die Bundestagsabgeordneten der AfD - eine Auswahl der Fraktion 2017
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Die Bundestagsabgeordneten der AfD - eine Auswahl

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Foto: dpa, msc dna

Sie wollen einen Haftbefehl für Merkel, unterstellen Gegendemonstranten Inzucht und kritisieren Kondomwerbung — durch den Einzug der AfD gelangen viele Politiker in den Bundestag, die schon bald auf sich aufmerksam machen dürften. Eine Auswahl.

Der gute Freund von Björn Höcke und Spitzenkandidat der AfD Thüringen sieht in seinen Reden selten von Provokationen ab. Bei einer Wahlkampfrede in Jena Mitte September sagte Stephan Brandner, 51-jähriger Jurist, über die Gegendemonstranten: "Man liest und hört ja, dass eure Eltern Geschwister waren. Und wenn ich mir das ein oder andere Gesicht anschaue, habe ich den Eindruck, als seien die Haustiere auch nicht weit gewesen." In derselben Rede bezeichnete er Linke, Grüne und FDP als Sekte, die CDU und die SPD als eine "Schande für Deutschland". Ralf Stegner, Fraktionschef der SPD Schleswig-Holstein, war für ihn die "Hackfresse der Nation", die Partnerin von Justizminister Heiko Maas eine "überreife Schauspielerin, Staatsfunk- und GEZ-Tussi". Den SPD-Kanzlerkandidaten nannte er in Anspielung auf dessen frühere Alkoholsucht "Martini Schulz". Angela Merkel, die er "Fuchtel aus dem Kanzleramt" nannte, warf er Beihilfe zu Sexualdelikten, Körperverletzungen und Morden vor — weil diese die Flüchtlinge ins Land gelassen hatte. In einer späteren Rede legte er nach: "Jede Stimme, die für uns kommt, umso größer wird der Haftbefehl für Angela Merkel. Ich möchte einen quadratmetergroßen dunkelroten Haftbefehl für Angela Merkel."

Der Sachbuchautor und Ökonom macht äußerlich einen sehr seriösen Eindruck, in Reden wirkt er schüchtern. Doch Peter Boehringer, 48, Listenplatz 2 in Bayern, formuliert auf seiner Webseite, wie man es sonst nur von Verschwörungstheoretikern kennt. So scheut er sich nicht, von NWO zu sprechen. Das steht für New World Order und meint unter Verschwörungtheoretikern eine geheime, weltweite Elitenregierung. Die anderen Parteien sind für ihn eine " einheitssozialistische Blockpartei von Schwarz bis Grün und Dunkelrot, die internationalistische, planwirtschaftliche, ökosozialistische und fast ununterscheidbare Unterprogramme (von CDU bis GRÜNE) aufweist". Er schreibt auch: "Die Faschisten und Rechtsbeuger und Rechtsbrecher sitzen erkennbar im heutigen Bundestag und im Kanzleramt und im Justiz- und Innenministerium." Journalisten bezeichnete er als "supranationalistische Auftragsschreiber". Außerdem vermutet er: "Bei ZEIT, Maas, Merkel, Özdemir etc. muss man heute allerdings fürchten, dass sie kein nEUes Volk wählen, sondern es züchten oder herbeifoltern wollen."

Beatrix von Storch, 46, liefert via Facebook regelmäßig Grund zur Aufregung. Die Nr. 1 der Berliner Landesliste leugnet den menschengemachten Klimawandel und postete bereits 2009, dass man zur Rettung des Weltklimas "besser die Ozeane zubetonieren" solle, weil diese den Großteil an CO2 enthalten. 2009 bestritt sie auch die Wirksamkeit von Kondomen. "Kondome schützen nicht vor AIDS!" Sie verwies dabei auf den Leserbrief in einer Zeitung. Eine Frau hatte geschrieben, sie gehe davon aus, dass 15 Prozent der Kondome in Afrika undicht seien. Das reichte für von Storch aus, um gleich Kondome als solche in Zweifel zu ziehen. Im Interview mit dem Journalisten Tilo Jung äußerte sie jüngst Kritik an Kondomwerbung, weil diese zu Sex animiere: "Ich ärgere mich darüber, dass Kinder im öffentlichen Raum ständig aufgefordert werden, Sex zu haben. Mach's, aber mach's mit Kondomen — diese pro-aktiven Plakate sind gegen meinen persönlichen Geschmack.” "Mach's! Aber mach's mit" war der Slogan einer Kampagne gegen HIV und andere Geschlechtskrankheiten.

Frohnmaier, 26, Listenplatz 4 in Baden-Württemberg, ist Vorsitzender des Jugendverbands Junge Alternative, und wie es sich für einen Jugendverband gehört, ist der immer noch eine Spur provokanter als die eigentliche Partei. 2016 warf er Claudia Roth vor, in der Kölner Silvesternacht "mittelbar mitvergewaltigt" zu haben, "nicht im juristischen Sinne, aber im übertragenen Sinne" — weil diese für eine multikulturelle Gesellschaft sei. Eine ähnliche Formulierung wählte er später für Angela Merkel auf Twitter, wie das Magazin "Bento" herausfand: "Leute wie Merkel haben in Reutlingen mittelbar mitgestochen, nicht im juristischen Sinne, aber im übertragenen". Über den in der Türkei festgenommen deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel sagte er, dieser "hätte in Deutschland schon längst wegen Beleidigung und Volksverhetzung Gefängnis von innen erleben sollen." Ein Foto des in Deutschland geborenen Nationalspielers Mesut Özil, das diesen in Mekka zeigt, versah er mit dem Hashtag "Söldnersingennicht", weil dieser die deutsche Nationalhymne nicht mitsingt. Ein Foto, das Alice Weidel beim vorzeitigen Verlassen einer Fernsehsendung mit Marietta Slomka zeigt, versah er mit einer Drohung gegen die Moderatorin: "Am 24.09. mache ich dich arbeitslos - Mäuschen."

Die Nr. 2 in Sachsen hinter Frauke Petry ist Richter am Landgericht. Er war Höckes Vorredner vor dessen "Denkmal der Schande"-Rede, forderte dort das Ende des deutschen "Schuldkults" und warnte vor "Mischvölkern". Das Online-Magazin "Bento" entdeckte kürzlich ein Facebook-Posting von ihm, in dem er "Gutmenschen, die sich als Islamverharmloser und Allesversteher betätigen" kritisiert. "Die sich selbst noch dann als Flüchtlingshelfer engagieren, nachdem die eigene Tochter vergewaltigt wurde." Er postuliert außerdem, in islamisch geprägten Kulturen besäßen Frauen keine Rechte. Außerdem fordert er: "Slomka entsorgen!".

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Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Die Nr. 4 auf der Landesliste in Bayern, steht seit 2017 unter Beobachtung des Bayerischen Verfassungsschutzes wegen seiner Nähe zur "Identitären Bewegung". Der 44-Jährige forderte via Facebook, "ARD/ZDF und Co schnellstens zu entsorgen", Marietta Slomka ist für ihn eine "Systemmoderatorin". Als der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel in der Türkei festgenommen wurde, postete er ein Bild mit dem Hashtag #keepdeniz. Die Türkei möge Yücel also bitte behalten.

Der 76-Jährige ist nicht nur Platz 1 auf der Landesliste in Brandenburg, sondern neben Alice Weidel auch Spitzenkandidat der Bundes-AfD. Das langjährige Mitglied der CDU schlug zuletzt deutlich lautere Töne an. In einer Wahlkampfrede sprach er davon, dass man die Integrationsministerin Aydan Özoguz "in Anatolien" entsorgen werde. Gauland forderte kürzlich auch ein Umdenken in der deutschen Erinnerungskultur zum Dritten Reich: "Man muss uns diese zwölf Jahre nicht mehr vorhalten. Sie betreffen unsere Identität heute nicht mehr. Und das sprechen wir auch aus. Deshalb haben wir auch das Recht, uns nicht nur unser Land, sondern auch unsere Vergangenheit zurückzuholen."

Er ging sogar noch einen Schritt weiter: "Wenn die Franzosen zu Recht stolz auf ihren Kaiser sind und die Briten auf Nelson und Churchill, haben wir das Recht, stolz zu sein auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen." Er lässt dabei außen vor, dass deutsche Wehrmachtssoldaten im Zweiten Weltkrieg an Kriegsverbrechen beteiligt waren.

Der 57-jährige Physiker machte im Februar 2017 auf sich aufmerksam. Die AfD-Fraktion Berlin hatte einen Antrag eingebracht, weil die ZDF-Nachrichtensendung "Heute" eine Europa-Karte ohne deutsche Grenzen zeigte. Das wollte die Partei ändern. Als die anderen Fraktionen klarmachten, wie wenig sie von dem Antrag hielten, warf Curio, Landesliste Platz 2, ihnen ein "Lächerlichmachen der nationalen Identität Deutschlands vor". Kurze Zeit später sagte er: "Sie sind keine Vertreter des gewählten deutschen Volkes." Danach nannte er sie "inländerfeindliche Fraktionen". Dass der Islam nicht zur freien deutschen Gesellschaft passt, begründete er mit einem Facebook-Posting: Eine Frau in Saudi-Arabien war festgenommen worden, weil sie einen Rock trug. Den "Altparteien" wirft er vor, dass sie "linksextremistische Straftäter finanzieren".

Wenn es ganz blöd läuft für Sebastian Münzenmaier, 27, Spitzenkandidat der AfD Rheinland-Pfalz, dann ist er sein Bundestagsmandat bald schon wieder los. 2012 soll er mit anderen Anhängern vom 1. FC Kaiserslautern Fans von Mainz 05 überfallen haben. Am 16. Oktober sind elf Zeugen geladen, um auszusagen. Münzenmaier selbst streitet die Vorwürfe ab. Auf Gaulands Äußerung zu Integrationsministerin Aydan Özoguz angesprochen, sagte er, er müsse sich "fragen, ob diese Dame nicht doch besser in Anatolien aufgehoben wäre als in Deutschland und in der Bundesregierung."

Der 60-jährige Journalist und Filmautor, Spitzenkandidat der AfD Niedersachsen, schlug 2015 vor, dass Deutschland alle irakischen und syrischen Männer zwischen 18 und 45 ausbilden und gegen den Islamischen Staat in den Krieg schicken solle. Heißt: Sie sollten in den Krieg zurückkehren, vor dem sie geflohen waren. Außerdem schlug Hampel vor, mit Marineschiffen vor der nordafrikanischen Küste Flüchtlingsboote zur Rückkehr zu bewegen.

(seda)
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