Nach mehreren Pannen Berliner Wahlleiterin schließt Wiederholung nicht aus

Berlin · Lange Schlangen vor Wahllokalen, fehlende und vertauschte Stimmzettel: In Berlin ist es am Wahltag zu mehreren Pannen gekommen. Jetzt soll eine Bestandsaufnahme zeigen, ob die Fehler das Ergebnis maßgeblich beeinträchtigt haben. Die Konsequenzen könnten weitreichend sein.

 Petra Michaelis, Berliner Landeswahlleiterin, bei einer Pressekonferenz nach der Wahl.

Petra Michaelis, Berliner Landeswahlleiterin, bei einer Pressekonferenz nach der Wahl.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Die Wählerinnen und Wähler in Berlin standen vor einer besonderen Aufgabe: Gleich fünf Stimmzettel mussten sie ausfüllen. Und wer nicht im Vorfeld per Briefwahl abgestimmt hatte, konnte in mehreren Bezirken Zeuge ärgerlicher Pannen am vergangenen Sonntag werden: lange Wartezeiten von mehreren Stunden, zu wenige Stimmzettel oder die falschen in manchen Wahllokalen, kein oder zu langsamer Nachschub von Stimmzetteln, angeblich teils per Taxi. Was sich beispielsweise in Pankow, Friedrichshain-Kreuzberg und Charlottenburg-Wilmersdorf abspielte, will jetzt Berlins Landeswahlleiterin Petra Michaelis aufarbeiten. 

Zeitgleich zu den Wahlen zum Bundestag, zum Abgeordnetenhaus, zu den Bezirksversammlungen und der Abstimmung zum "Deutsche Wohnen & Co. enteignen"-Volksentscheid hatte am Sonntag der Berlin-Marathon stattgefunden. Das sei für viele "eine Situation, die an Überforderung grenzte", gewesen, räumte die Landeswahlleiterin am Montag ein. Sie habe gewusst, dass es zu Problemen kommen könnte, sei aber zuversichtlich gewesen, "dass wir gut vorbereitet sind".

Nun sprach sie von Pannen, die sie überrascht hätten. Es seien im Vorfeld genug Stimmzettel für alle Wahlberechtigten bestellt worden, „mit einem ordentlichen Schluck obendrauf“. Sie sagte, es sei für sie "unverständlich, dass Stimmzettel ausgegangen sind". Woran das gelegen habe, könne sie noch nicht sagen.

In einigen Wahllokalen seien am Sonntag Wahlzettel ausgegangen oder vertauscht worden. Vor manchen Wahllokalen hätten sich zudem lange Schlangen gebildet, so dass manche Wähler erst nach 18 Uhr ihre Stimmen abgeben konnten und sich dadurch die Auszählung verzögerte. Wie viele Stimmzettel vertauscht wurden und wann die letzte Stimme abgegeben wurde, konnte Michaelis am Montag noch nicht sagen.

Sie will prüfen, wie schwerwiegend die Fehler waren. Sie sagte, eine Wahl sei demokratisch, wenn alle Wahlberechtigten ihre Stimme abgeben könnten. Sie halte es für einen relevanten Fehler, wenn einige Menschen offenbar nicht ihre Wahl wahrnehmen konnten – das müsse sorgfältig geprüft werden. Ob es mandatsrelevante Fehler bei der vorliegenden Wahl gegeben hätte, würde darüber entscheiden, ob die Wahl wiederholt werden müsse. Ausschließen wollte dies die Wahlleiterin nicht. Mandatsrelevant wäre ein Fehler dann, wenn er das Ergebnis verfälscht hat.

Die SPD erreichte mit 21,4 Prozent zwar ihr schlechtestes Ergebnis seit 1946. Sie landete dennoch vor den Grünen, die mit 18,9 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Berlin-Wahl erzielten. Die CDU erreichte laut Angaben der Landeswahlleitung 18,1 Prozent, die Linke kam auf 14,0 Prozent, die AfD erreichte 8,0 Prozent, die FDP 7,2 Prozent. Gezählt wurde bis in die Morgenstunden. Die Wahlbeteiligung lag laut Landeswahlleitung bei 75,7 Prozent.

Von einem Rücktritt wollte Michaelis zum jetzigen Zeitpunkt nicht sprechen. Darüber werde man nachdenken bei der Aufarbeitung, sagte sie. Der Bundeswahlleiter hat aber bereits einen Bericht angefordert. In Berlin waren wegen Corona-Auflagen mit 2257 deutlich mehr Wahllokale geöffnet als bei früheren Wahlen. Statt sonst üblicher 20.000 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer waren dieses Mal mehr als 34.000 im Einsatz, wie die Landeswahlleiterin mitteilte.

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