Studie zum Bundestagswahlkampf im Netz Bei Twitter schlägt Steinbrück Merkel

Berlin · Das Internet und die sozialen Medien als "Meckerecke" und Ort negativer Stimmunsmache? Das war einmal. So zumindest das Ergebnis einer neuen Studie. Bei Twitter liegen die Piraten wenig überraschend vorn. Und nur bei einer Partei herrscht "Themenebbe".

Schluss mit "Shitstorm": Die sozialen Medien sind nach einer Studie im Wahlkampf keineswegs mehr nur ein Ort für extreme Positionen. Mehr als die Hälfte aller Beiträge im Kurznachrichtendienst Twitter zu den Parteien CDU, CSU, SPD, FDP, Grüne und Piraten seien positiv konnotiert.

Das ist das Ergebnis in einer am Dienstag in Berlin veröffentlichten Studie. Von einer reinen "Meckerecke Internet" könne nicht mehr die Rede sein, sagte Christoph Neuberger von der Ludwig-Maximilians-Universität in München, einer der Autoren der Untersuchung.

Eine Millionen Tweets ausgewertet

Kommunikationswissenschaftler und Wirtschaftsinformatiker der Universitäten von München und Münster analysierten zwischen Mai und August eine Million Tweets und 1700 Blog-Beiträge zu ausgewählten Schlüsselbegriffen, in denen Parteinamen oder die Spitzenkandidaten Angela Merkel (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) genannt wurden.

Den vorläufigen Ergebnissen zufolge sind die Meinungsbilder in den sozialen Medien ausgewogener geworden: Im Gegensatz zu vorherigen Beobachtungen einer Linksgewichtung des Internets zeichne sich in der Analyse zur Bundestagswahl ein ausgeglicheneres Bild ab, sagte der Münsteraner Wirtschaftsinformatiker Stefan Stieglitz.

28 Prozent der Tweets für Piraten

Nach den Erkenntnissen der Forscher ist es auch keiner Partei gelungen, sich mit großem PR-Aufwand eine übermächtige Präsenz zu sichern. In den untersuchten Tweets liegt allerdings die Piratenpartei mit einer Präsenz von 28 Prozent vorne, in den politischen Blogs erreichen der Erhebung zufolge SPD, Grüne und Linke zusammen ein Volumen von 71 Prozent.

Die Parteien werden der Studie zufolge in den sozialen Medien mit bestimmten Themen verbunden: So werde die CSU häufig im Zusammenhang mit der Affäre um den ehemaligen Psychiatriepatienten Gustl Mollath genannt, die Grünen mit dem "Veggie Day" und der Pädophilie-Debatte.

"Themenebbe" bei der CDU

Ein Grund dafür ist nach Angaben der Forscher möglicherweise, dass die Parteien die sozialen Medien verstärkt nutzen, um die politische Konkurrenz anzugreifen. Bei der CDU herrsche indes "Themenebbe", konstatierten die Forscher. Die Partei werde am häufigsten im Zusammenhang mit Merkel genannt.

Was die Menge der Twitter-Nennungen angeht, hat Merkel der Studie zufolge mit 63 zu 37 Prozent einen deutlichen Vorsprung vor Steinbrück. 79 Prozent der Tweets befassten sich mit der Kanzlerin und ihrer Politik. Bei der Bewertung in Tweets und Blogs wiederum schneidet Steinbrück besser ab. Nach dem TV-Duell Anfang September sei der SPD-Kandidat auf Twitter positiver bewertet worden als die Kanzlerin.

"Erstaunliche Vielfalt" im Netz

Die sozialen Medien böten "eine erstaunliche Vielfalt", sagte Neuberger. Als "verkleinertes Abbild der Stimmungslage in der Wählerschaft" seien sie dennoch nicht geeignet, da sie weiterhin nur von einer recht kleinen Gruppe genutzt würden.

Die vom Vodafone Institut für Gesellschaft und Kommunikation geförderte Studie soll nach der Bundestagswahl gründlich ausgewertet werden. Einen Anspruch auf Repräsentativität erhebt die Studie nicht.

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(rpo/AFP)
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