Neueste Umfrage des Politbarometers Mehrheit für schärfere Corona-Maßnahmen

Düsseldorf · Die 3G-Regel am Arbeitsplatz befürworten 80 Prozent der Befragten, eine Impfpflicht fast 70. Auch eine Verschärfung der Maßnahmen würde den Beifall einer Mehrheit finden. Einen Lockdown lehnen die meisten jedoch ab.

 Polizisten gehen am Abend in der Dresdner Altstadt an Restaurants entlang. Die Polizeidirektion Dresden kontrolliert die Einhaltung der neuen Corona-Regeln täglich mit 50 Beamtinnen und Beamten.

Polizisten gehen am Abend in der Dresdner Altstadt an Restaurants entlang. Die Polizeidirektion Dresden kontrolliert die Einhaltung der neuen Corona-Regeln täglich mit 50 Beamtinnen und Beamten.

Foto: dpa/Robert Michael

Die Corona-Krise hat Deutschland wieder fest im Griff. Das findet auch eine übergroße Mehrheit der Menschen, die im Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen befragt wurden. Aktuell nennen 80 Prozent der Befragten die Pandemie, wenn ohne Antwortvorgabe die Frage nach den beiden wichtigsten Problemen in Deutschland gestellt wird. Ähnlich dominiert hat Corona die öffentliche Agenda zuletzt im Frühjahr, wo bis zu 85 Prozent aller Nennungen auf diesen Bereich entfielen. Das Thema Umwelt/Klimaschutz/Energiewende verliert dagegen an Brisanz. Es liegt mit 29 Prozent der Wahlberechtigten auf Platz zwei, nachdem die Befragten es noch Ende Oktober zu 44 Prozent als wichtigstes Thema bezeichnet hatten.

Die hohen Corona-Inzidenzen haben zur Konsequenz, dass sich immer mehr Bürgerinnen und Bürger Sorgen um die eigene Gesundheit machen: Hielten vor zwei Wochen noch 49 Prozent der Befragten ihre Gesundheit für gefährdet, tut dies nun eine deutliche Mehrheit von 62 Prozent. Das ist der höchste bisher im Politbarometer gemessene Wert.

Auch die Forderungen nach härteren Maßnahmen werden lauter: Aktuell spricht sich etwa die Hälfte der Deutschen (52 Prozent; Ende Oktober: 20 Prozent) für eine Verschärfung der Corona-Regeln aus. Der Anteil derjenigen, die mit den gegenwärtigen Maßnahmen zufrieden sind, hat sich hingegen auf 30 Prozent (Ende Oktober: 59 Prozent) reduziert. Dabei halten die Anhänger und Anhängerinnen aller im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der AfD es mehrheitlich für richtig, dass es jetzt für Ungeimpfte besondere Einschränkungen gibt. Insgesamt sind es 76 Prozent der Befragten (SPD: 89; CDU/CSU: 88; Grüne: 92; FDP: 63; Linke: 58; AfD: 29). Lediglich 22 Prozent verneinen das.

Gegenwärtig unterscheiden sich in der Bundesrepublik die Corona-Maßnahmen regional in Abhängigkeit von der jeweiligen Lage vor Ort. 50 Prozent der Befragten befürworten diese Regelung, fast ebenso viele (48 Prozent) sind jedoch der Meinung, dass in ganz Deutschland dieselben Maßnahmen gelten sollten. Während indes die Befragten im Westen der Republik mehrheitlich für regionale Unterschiede sind (53 Prozent), plädieren diejenigen im Osten für bundesweite Maßnahmen (60 Prozent).  

Neues Infektionsschutzgesetz

Der Bundestag hat mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP ein neues Infektionsschutzgesetz beschlossen. Demnach kann es unter anderem keine bundesweiten Geschäfts- und Schulschließungen oder Ausgangssperren mehr geben. 58 Prozent der erwachsenen Deutschen finden diese Regelung gut, 36 Prozent sehen das kritisch. Dabei gibt es nicht nur bei den Anhängern und Anhängerinnen der drei potenziellen Regierungsparteien, sondern auch bei den Wählern der CDU/CSU, AfD und der Linken Zustimmung für den Ausschluss eines bundesweiten Shutdowns (SPD: 57; CDU/CSU: 55; Grüne: 53; FDP: 61; AfD: 74; Linke: 66).   

Zudem beinhaltet das neue Infektionsschutzgesetz eine 3G-Regel am Arbeitsplatz, wonach alle, die nicht geimpft oder genesen sind, täglich einen Corona-Test vorlegen müssen. Nach 71 Prozent vor zwei Wochen unterstützen dies nun 83 Prozent der Befragten.

Weihnachtsmärkte

In einigen Bundesländern wie beispielsweise in Bayern finden aufgrund von Corona keine Weihnachtsmärkte statt. Dass die Weihnachtsmärkte in Deutschland in diesem Winter generell abgesagt werden sollten, finden 49 Prozent der Befragten. Bei ebenfalls 49 Prozent stößt diese Überlegung auf Ablehnung. Ein Blick in die Altersgruppen zeigt, dass es vor allem die ältesten Befragten sind (ab 70-Jährige: 62 Prozent), die sich für eine generelle Absage der Weihnachtsmärkte aussprechen.  

Allgemeine Impfpflicht

Seit kurzem wird bei uns wieder intensiv über eine allgemeine Impfpflicht bei Corona diskutiert. Dabei hat sich die Stimmung in der Bevölkerung im Vergleich zum Sommer gedreht: Während sich im Juli noch 64% der Befragten gegen eine Impfpflicht ausgesprochen haben, befürworten jetzt 69 Prozent (Mitte Juli: 33 Prozent) deren Einführung. 29 Prozent stehen einer Corona-Impfpflicht kritisch gegenüber, darunter eine deutliche Mehrheit der AfD-Anhänger und Anhängerinnen (73 Prozent). Von den verschiedenen Altersgruppen sind sich lediglich die 30- bis 39-Jährigen bezüglich einer allgemeinen Pflicht zur Corona-Impfung uneins (dafür: 50 Prozent; dagegen: 50 Prozent), am größten ist die Unterstützung für deren Umsetzung bei den Deutschen, die 70 Jahre und älter sind (86 Prozent).

Politik und Corona

Auch wenn es darum geht, ob in Deutschland zum Schutz vor der Ausbreitung des Coronavirus genug getan wird, ist die Meinung der Deutschen heute eine gänzlich andere als in der Vergangenheit. Im April 2020 äußerten sich vier Fünftel der Befragten (81 Prozent) positiv zu den Schutzmaßnahmen und 17 Prozent negativ . Aktuell bezweifeln 63 Prozent der Befragten, dass genug getan werde. Nur 31 Prozent sind gegenteiliger Meinung.

Ebenfalls eher pessimistisch sind die Deutschen im Hinblick auf das Verhalten ihrer Mitbürger und Mitbürgerinnen: Nachdem im Oktober vergangenen Jahres die Befragten noch mehrheitlich von einem überwiegend vernünftigen Verhalten der Menschen in der Corona-Krise gesprochen haben (52 Prozent), ist jetzt Gegenteiliges der Fall: 56 Prozent der Befragten empfinden das Verhalten eher unvernünftig und nur 39 Prozent adäquat, wobei besonders die 18- bis 34-jährigen Frauen das Verhalten ihrer Mitmenschen kritisch sehen (78 Prozent).

Bewertung der Parteien

In der politischen Stimmung und der Präferenz für die einzelnen Parteien gibt es kaum Veränderungen. Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, bliebe die SPD stabil bei 28 Prozent, die CDU/CSU würde leicht verlieren und auf 19 Prozent (-1) kommen. Die Grünen könnten leicht auf 17 Prozent (+1) zulegen, die FDP würde bei 13 Prozent verbleiben. Die AfD bekäme unverändert elf, die Linke fünf Prozent. Zugleich bleibt die Ampel-Koalition auch Ende November klarer Favorit bei der bevorzugten Konstellation: 34 Prozent der Befragten sprechen sich für Rot-Grün-Gelb aus (Ende Oktober: 41 Prozent; Anfang November: 35 Prozent), zwölf Prozent wünschen sich ein Bündnis aus SPD und Grünen, neun Prozent präferieren eine Große Koalition und sieben Prozent Schwarz-Gelb.Die Bewertung einer möglichen Ampel-Koalition fällt weiterhin mehrheitlich positiv aus, auch wenn die Zustimmung in der Bevölkerung etwas abnimmt: Nach 62 Prozent Mitte Oktober finden es aktuell 55 Prozent der Befragten gut, wenn es im Bund zu einer Regierung aus SPD, Grünen und FDP kommt, 22 Prozent finden das schlecht. 

Wenn es um die Problemlösungskompetenz einer potenziellen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP geht, glaubt eine Mehrheit von 51 Prozent (Anfang November: 49 Prozent) der Befragten, dass ein solches Bündnis „einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Probleme in Deutschland leisten wird“, 44 Prozent sind gegenteiliger Ansicht.

CDU-Parteivorsitz

Nach dem angekündigten Rücktritt von Armin Laschet kandidieren nun Helge Braun, Friedrich Merz und Norbert Röttgen für das Amt des CDU-Vorsitzenden. Dass Merz die CDU am ehesten erfolgreich in die Zukunft führen kann, meinen 35 Prozent aller Befragten. 26 Prozent nennen hier Röttgen, 14 Prozent Braun. Im Lager der Union fällt das Votum zugunsten von Friedrich Merz noch deutlicher aus: 51 Prozent der CDU/CSU-Anhänger und Anhängerinnen sind der Ansicht, Merz wäre am besten geeignet. 23 Prozent sagen das über Röttgen, zehn Prozent über den geschäftsführenden Kanzleramtsminister Braun.

Beurteilung von Spitzenpolitiker

Die Top-Politiker und Politikerinnen bewerten die Deutschen im Vergleich zur jüngsten Umfrage zunehmend negativ. Sieben der zehn Akteure erhalten schlechtere Imagewerte. Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verliert acht Zehntel und bricht damit beim Ansehen am stärksten ein. Auf der Skala von -5 bis +5 erhält er den Wert -0,9. Ein Minus von zwei Zehntel gibt es für die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel (2,3), für CSU-Chef Markus Söder (0,4) sowie die beiden Bundesvorsitzenden der Grünen, Robert Habeck (1,3) und Annalena Baerbock (0,0). Um ein Zehntel verschlechtern sich der geschäftsführende Bundesfinanzminister Olaf Scholz (1,9) und FDP-Chef Christian Lindner (0,8). Verbessern kann sich lediglich der CDU-Politiker Friedrich Merz (0,0). Lars Klingbeil (SPD, 1,2) und Sahra Wagenknecht (Linke, -0,3) sind neu in den Top Ten.

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