Unions-Kandidat nach der Wahl Armin Laschet kämpft um die Macht in Berlin

Berlin/Düsseldorf · Wird Armin Laschet der nächste Kanzler, obwohl er der Wahlverlierer ist? Oder wird der Aachener künftig als einfacher Bundestagsabgeordneter im Bundestag sitzen? Alles ist drin. Von einem, der kämpfen kann. Auch wenn der Ausgang ungewiss ist.

 Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet. Foto: Michael Kappeler/dpa.

Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet. Foto: Michael Kappeler/dpa.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Armin Laschet hat Steherqualitäten. Das bescheinigen ihm politische Freunde und Weggefährten ebenso wie die politische Konkurrenz. Nun steht er an einer politischen Weggabelung, bei der es um „Alles oder Nichts“ geht.

Schafft der amtierende NRW-Ministerpräsident den Einzug ins Kanzleramt? Oder muss er gar um Parteiämter kämpfen? Folgt ihm die Partei noch? In Präsidium und Vorstand regen sich am Montag die ersten kritischen Stimmen. Am Tag nach der Wahl ist klar: Für Armin Laschet könnte es nach der historischen Niederlage der Union politisch um alles gehen.

Das Jahr 2021startet für Laschet eigentlich nach Maß: Im Januar eroberte er vor Friedrich Merz und Norbert Röttgen mit einer starken Rede im Schlussspurt den CDU-Vorsitz. Im April sicherte er sich in einem erbitterten Machtkampf mit CSU-Chef Markus Söder die Unions-Kanzlerkandidatur. Eine Zeitlang sieht es so aus, als liefe alles glatt bei der Mission, das Kanzleramt von Merkel nahtlos zu übernehmen. CDU-Verluste bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im März gingen noch nicht auf sein Konto als Parteivorsitzender. In Sachsen-Anhalt fuhr die CDU dagegen im Juni einen deutlichen Sieg ein, der in den Umfragen so nicht prognostiziert worden war.

Die Union stellt im Frühsommer ein gemeinsames Wahlprogramm vor, Söder und Laschet treten gemeinsam in Berlin auf. Ein wenig Versöhnung, so scheint es. Man diskutiert unionsintern nur ein wenig über Steuerentlastungen. Doch dann kommt die Flut. Laschet ist als NRW-Landesvater überall im Flutgebiet unterwegs, hört zu, organisiert, tröstet. Ausgerechnet in diesen Tagen passiert ihm der größte Patzer im Wahlkampf. Ein herzhaftes Lachen, während der Bundespräsident vor Kameras über die Dramatik der Katastrophe spricht. Laschet entschuldigt sich, bereut diesen kurzen Aussetzer sehr.

Laschet Bundestagswahl: Elf Momente, in denen es eng wurde für ihn
12 Bilder

Elf Momente, in denen es für Laschet im Wahlkampf eng wurde

12 Bilder
Foto: dpa/Marius Becker

Ab diesem Zeitpunkt geht es für den Kandidaten auf eine Talfahrt, Störfeuer kommen aus München, es wirkt, als hätte der Unionskandidat Sicherheit und Selbstbewusstsein verloren. Es gibt massive Zweifel an Laschets Wahlkampfführung. Vieles wirkt wenig durchdacht, manches - wie die Präsentation eines Zukunftsteams - überhastet. Die Umfrage sinken dramatisch in den Keller.

Mit dem ersten TV-Dreikampf kämpft sich Laschet zurück, er zeigt Angriffslust, hat mit der Warnung vor einer Rot-grün-roten Regierung ein Thema gefunden, an dem er sich abarbeiten kann. Die internen Kritiker werden etwas leiser, ein Auftritt beim CSU-Parteitag in Nürnberg kann er als Erfolg verbuchen.

Doch es reicht nicht, um den ersten Platz erfolgreich zu verteidigen. Laschet räumt aber keine Niederlage ein, sondern formuliert den Anspruch, auch vom zweiten Platz aus eine Regierung zu bilden. Ob er sich damit durchsetzt - fraglich. 

„Wäre Armin Laschet nicht so zögerlich im Wahlkampf gewesen, hätten wir zwei Wochen mehr gehabt, um noch mehr aufzuholen“, sagt ein prominenter Parteifreund über die Unentschiedenheit bei der Richtung der Wahlkampagne.

Dieses Abwartende, Zögerliche legte der Aaachener schon zu anderen Zeiten seiner Karriere an den Tag. So musste der heutige Bundesvorsitzende der Christlich Demokratischen Union zum Parteieintritt geradezu genötigt werden. Ein enger Freund musste den jungen Armin beharrlich bearbeiten, warf ihm immer wieder den Mitgliedsantrag in den Briefkasten. Mit 18 ließ sich Laschet dann breitschlagen.

Laschet ist „Oecher“ (Aachener) durch und durch. Hier lebt er mit seiner Frau Susanne bis heute in einem Reihenhaus im Stadtteil Burtscheid. Hier sind die drei gemeinsamen Kinder der Laschets groß geworden.

Der 60 Jahre alte CDU-Politiker stammt aus einfachen Verhältnissen. Der Vater, dessen Bergmannsmarke er bei seiner Bewerbungsrede um den CDU-Bundesvorsitz publikumswirksam hervorholte, war ein Mikätzchen, also ein Steiger, der aufs Lehramt umsattelte und sich zum Grundschulrektor hocharbeitete. Die Mutter war die gute Seele der katholischen Pfarrgemeinde, seine Brüder sind ihm bis heute wichtige Ratgeber.

Von 1999 bis 2005 saß Laschet im Europa-Parlament. Am Wochenende wies Angela Merkel bei ihrem gemeinsamen Auftritt in Laschets Heimatstadt noch einmal darauf hin, dass sich wohl kaum ein anderer Politiker derart der europäischen Sache verschrieben hat. Aus Brüssel holte ihn Jürgen Rüttgers dann 2005 nach Düsseldorf geholt.

Nachdem die Regierung Rüttgers bei der Landtagswahl 2010 einer rot-grünen Minderheitsregierung weichen musste, kassierte Laschet gleich zwei Niederlagen: Im Rennen um den Fraktionsvorsitz musste er sich seinem heutigen Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann geschlagen geben. Blieb noch der Posten des Landesverbandschefs. Doch da meldete ausgerechnet Norbert Röttgen Interesse an – und schlug ihn. Erst als Röttgen den Landtagswahlkampf 2012 krachend vor die Wand fuhr, weil er ein klares Bekenntnis für Düsseldorf und gegen Berlin scheute, wurde Laschet Chef der NRW-CDU und ein Jahr später auch Fraktionschef.

Und löste in der Herzkammer der Sozialdemokratie Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) ab. Mit der FDP und gerade einmal einer Stimme Mehrheit regiert Laschet seit 2017 in NRW, rückte dabei vor allem das Thema innere Sicherheit und die Entfesselung der Wirtschaft“ in den Fokus. Vor allem in der Corona-Pandemie musste sich Laschet immer wieder harsche Kritik gefallen lassen. Schon früh wies er auf die Notwendigkeit der Rücknahme von Grundrechtseinschränkungen hin.

Laschet hat deutlich gemacht, dass er das NRW-Ministerpräsidentenamt aufgeben und in jedem Fall nach Berlin gehen werde, egal wie die Bundestagswahl ausgeht. Dort kämpft er jetzt den entscheidenden Kampf um seine politische Karriere.

(mün, maxi)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort