Weitere Runde mit Bürgerfragen Wie sich Armin Laschet in der „ARD-Wahlarena“ schlug

Berlin · Klima, Kohle, Kiffen – mit 20 Themen konfrontierten die Bürger den Unions-Kanzlerkandidaten elf Tage vor der Bundestagswahl in der ARD-Wahlarena. Ruhig und gelassen war Armin Laschets Grundeinstellung. Aber es ging auch tief ins Persönliche.

 Armin Laschet am Mittwochabend in der Lübecker Wahlarena der ARD.

Armin Laschet am Mittwochabend in der Lübecker Wahlarena der ARD.

Foto: dpa/Axel Heimken

Nein, gekifft hat der CDU-Vorsitzende noch nie. Das ist die erste Erkenntnis. Und dass er sich gegen eine Legalisierung von Cannabis ausspricht. 75 Minuten später wird deutlich, dass er sich auch als Kanzler verstärkt um die bäuerliche Landwirtschaft kümmern will. „Nicht jedes Jahr neue Vorschriften“, sagt er, und weist darauf hin, dass das Fleisch aus dem Ausland kommen wird, wenn in Deutschland nicht mehr produziert wird, dann aber möglicherweise unter schlechteren Bedingungen für Klima und Tierwohl. Es ist die letzte, aber nicht die einzige Ansage, die Laschet in ruhigem Ton und mit gewachsener Selbstsicherheit vorträgt.

Die kritischste Frage kommt von einer Schülerin, die schon vor Beginn der Sendung für Wirbel sorgt. Nach einem Hart-aber-links-Talkshowtraining, sei sie „super vorbereitet, um ihn fertig zu machen“, twittert sie - und spricht dann von Laschets Klimapolitik als „Katastrophe“, listet zahlreiche Punkte auf und wirbt für den Streiktag von Fridays for Future. Bei Laschets Antwortversuch fällt sie ihm wiederholt ins Wort. Doch Laschet bleibt trotzdem gelassen, verweist auf Politikänderungen nach seiner Regierungsübernahme in NRW und darauf, dass nun Kohlekraftwerke schneller stillgelegt würden als von Rot-Grün beschlossen. Die ersten hundert Tage im Amt würde er jedenfalls nutzen, die Verfahren zu beschleunigen, damit bessere Strom- und Bahntrassen schneller genehmigt und gebaut werden.

Die größte Veränderungsbereitschaft signalisiert Laschet bei der Frage, warum Homosexuelle kein Blutplasma spenden dürften. Er deutet an, dass die Gründe, die vor 20 Jahren dagegen gesprochen hätten, heute möglicherweise nicht mehr stichhaltig seien und sagt zu, baldmöglichst mit Gesundheitsminister Jens Spahn darüber zu sprechen, um Diskriminierung abzubauen. Für ihn jedenfalls erscheine die Regelung auf den ersten Blick nicht logisch.

Die zurückhaltendste Unterstützung gilt drei Anliegen von Fragestellern, die ein Antidiskriminierungsgesetz, einen Frauenhaus-Anspruch und mehr Entwicklungshilfe wollen. Zwar sprechen diese Laschet nach eigenem Bekunden „aus dem Herzen“, weil er selbst schon als junger Abgeordneter davon geträumt habe, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Entwicklungshilfe zu stecken. Doch konkret wird er hier nicht. Auch bei der Antidiskriminierung deutet er an, dass die Regeln aus verschiedenen Gesetzen eine „Konzentrierung vertragen“ könnten, schiebt aber selbst ein „Ich sag es mal vorsichtig“ hinterher. Und auch beim Zugang zum Schutz in Frauenhäusern sagt Laschet lediglich, er habe den „Willen“, hier mehr zu erreichen.

Die größten Zahlen des Abends stecken in der Versicherung Laschets an ein Flutopfer aus dem Ahrtal, alles ersetzt zu bekommen, wenn er den Schutt entsorgt und sein Haus wiederaufbaut, weil nun 30 Milliarden dafür bereitstünden. Sie stecken zugleich in der Frage nach den Wegen aus steigenden Wohnungsmieten: 1,5 Millionen Wohnungen sollen nach Laschets Ankündigung in den nächsten Jahren gebaut werden.

Die deutlichste Absage kommt neben der Ablehnung von Cannabis-Legalisierung bei der Frage nach einem Wahlrecht ab 16. Er wolle, dass Volljährigkeit mit voller Verantwortlichkeit mit dem Wahlrecht zusammentreffen und appelliert an alle Jungwähler (aber eben erst ab 18), wählen zu gehen. Dieses sei nämlich die Altersgruppe, die derzeit noch am wenigsten wähle.

Die stärkste Betroffenheit äußert Laschet angesichts eines schwarzen Bildschirms einer Frau, die Angst hat, ihre Frage persönlich zu stellen, weil sie die Reaktion der Gesellschaft fürchte. Sie sei ungeimpft, weil sie weiterhin Fragen habe zum Impfstoff. Laschet appelliert einerseits, sich mit der Materie zu beschäftigen und unterstreicht die Erkenntnisse zur Unbedenklichkeit der Impfstoffe. Zeigt sich zugleich aber betroffen davon, dass viel Menschen glaubten, ihre Meinung nicht mehr sagen zu dürfen. Er wolle „als Bundeskanzler eine Gesellschaft haben, in der jeder sagen kann, was er will, ohne dass man über ihn herfällt“, stellt er zugleich fest.

Die Brandmauer-Frage zu einer Abgrenzung von Rechtsextremisten und Rassisten beantwortet Laschet zunächst mit dem Hinweis auf seine Jahre als Integrationsminister, mit seinen Kontakten in die türkische Gemeinde und die Benennung eines Preises für Zivilcourage nach der vom Solinger Brandanschlag bitter betroffenen Mevlüde Genc. Dann wird er zu Hans-Georg Maaßen konkret und betont, dass ihm als Bundesvorsitzenden gesetzlich untersagt sei, sich in die Aufstellung von Direktkandidaten in den einzelnen Wahlkreisen einzumischen. Maaßen habe dann aber gefordert, Karin Prien nach Maaßen-Nicht-Wählen-Äußerungen aus seinem Team zu entfernen. Sie bleibe im Team, unterstreicht Laschet und meint: „Ich habe da eine klare Position.“

Die verletzendste Frage ist für Laschet die nach seiner Familie und Studentenverbindung. Seine Jobs habe er ja durch diese Verbindung und die Familie seiner Frau, lautet die Behauptung, die Laschet zurückweist, und von einer Distanzierung will er auch nichts wissen. Das gehöre zu dem im Wahlkampf, das ihn berühre, aber auch verletze. Er bleibt hier dennoch so gefasst und ruhig wie zuvor auf die Frage, warum er nicht längst als Kanzlerkandidat zurückgetreten sei, wo ihn die Menschen laut Umfragen doch offenbar nicht wollten. Er reagiert mit einer Gegenfrage: „Was halten Sie von der Idee, das die Wähler entscheiden zu lassen?“

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