Annegret Kramp-Karrenbauer "Ich kann, ich will und ich werde"

Die neue CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer begeistert den Parteitag und stellt bereits die Weichen für die Bundestagswahl 2021.

Annegret Kramp-Karrenbauer trifft das Herz ihrer Partei. Die Delegierten sind begeistert von ihrer Bewerbungsrede für den Job der Generalsekretärin. Mit Kalkül lässt sie die Parteibasis glänzen. Alles, was sie politisch erreicht habe, habe sie dieser Partei zu verdanken, sagt sie. Auch ihr Verantwortungsbewusstsein führt sie an, warum sie Generalsekretärin werden möchte. "Ich kann, ich will und ich werde", ruft sie unter dem Jubel der Delegierten in den Saal.

Dann verspricht sie, eine Grundsatzdebatte anzuschieben, deren Früchte 2021 geerntet werden sollen. Damit ist die Option, dass sie eines Tages Angela Merkel als Parteichefin und möglicherweise auch als Kanzlerin beerbt, in den wenig verdächtig klingenden Begriff "Programmdiskussion" eingehegt.

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Foto: dpa, frg kno Ken fpt

Angriffslustig gibt die 55-Jährige als ihr Ziel aus, die 900.000 Stimmen, die bei der Bundestagswahl an die AfD verloren gegangen sind, und die 1,4 Millionen Wähler, die zur FDP gewandert sind, zurückzuholen. "Die AfD hat mit unserer bürgerlich konservativen Tradition nichts, aber auch gar nichts zu tun", ruft sie. Die Liberalen watscht sie mit einem Handwerker-Vergleich ab. Wenn die Handwerker auch nach dem Prinzip handelten, es sei besser "nicht zu regieren, als falsch zu regieren", dann läge unser Land "in Schutt und Asche".

Gröhe lächelt gequält

Die Kanzlerin hingegen wirkt, als habe sie mit ihren überraschenden Personalien in den vergangenen Tagen ihr trockenes Pulver bereits verschossen. Die Parteitagsdelegierten reißt sie mit ihrer Rede nur an den Stellen von den Stühlen, an denen sie die verdienten Minister würdigt: Hermann Gröhe, Thomas de Maizière, Wolfgang Schäuble.

"Lieber Hermann", setzt sie an, "du hast mit großer Energie. . ." Dann unterbricht Applaus ihre Rede, der in rhythmisches Klatschen übergeht. Der so gefeierte Gröhe sitzt auf seinem Platz auf der Parteitagsbühne und lächelt gequält. Er wäre so gerne Gesundheitsminister geblieben. Den Ministersessel aber muss Merkels Getreuer für ihren Widersacher Jens Spahn räumen.

Im NRW-Landesverband herrscht über diesen Wechsel Verärgerung. "Das ist unfair", sagt NRW-Innenminister Herbert Reul am Rande des Parteitags. In den nicht-offiziellen Teilen der Gespräche fallen noch härtere Worte. Die rationale Einschätzung vieler ist dann aber doch, dass die Personalie Spahn notwendig war, um an all jene im Land ein Signal zu senden, die immer noch mit Merkels Flüchtlingspolitik des Jahres 2015 hadern.

Spahn selbst weiß um seine Rolle: "Ich will mich nicht damit abfinden, dass es eine Kraft rechts von uns gibt", ruft er in den Saal. Dann nimmt sich der designierte Gesundheitsminister vor, die AfD "überflüssig" zu machen.

Ein Amt auf Zeit

Der Mann, der in der vergangenen Wahlperiode immer wieder seine Energie dafür einsetzte, die Flüchtlingspolitik in geordnete Bahnen zu lenken, Thomas de Maizière, verabschiedet sich mit einem Rat an die jüngeren Minister. "Jeder Minister muss so arbeiten, als wäre seine Amtszeit unbegrenzt. Er muss aber wissen, dass das ein Amt auf Zeit ist. Diese Spannung muss man aushalten", sagt er.

Für die Aussprache über Merkels Auftritt haben sich zwar gut 50 Delegierte zu Wort gemeldet. Eine richtige Diskussion kommt aber nicht auf. Während viele Redner vorne auf der Bühne für den Koalitionsvertrag werben und einige dagegen wettern, herrscht in der Halle des früheren Postbahnhofs in Berlin-Kreuzberg reges Treiben. Die Mehrheit der rund 1000 Delegierten ist zwischenzeitlich nicht am Platz. So verhallt der kämpferische Einsatz von Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier für die Neuauflage der großen Koalition unter Angela Merkel ebenso wie die beißende Kritik des Ravensburger Delegierten Eugen Abler an der Kanzlerin.

Die christlichen Grundwerte

Abler ist aber zufrieden mit der Resonanz. Immerhin habe er ein bisschen Beifall bekommen, sagt er später. Er wirft Merkel wegen der völligen Gleichstellung von Homosexuellen in der Ehe "Verrat an den christlichen Grundwerten" vor. Er warnt vor einer schleichenden Islamisierung durch die Flüchtlinge und beklagt, dass zwar der Schutz von Insekten Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden habe, es aber keine Aussagen zum Schutz des ungeborenen Lebens gebe.

Und er findet es schwach von der Kanzlerin, wie viele Zugeständnisse sie der SPD in den Koalitionsverhandlungen gemacht habe. Er will gegen den Koalitionsvertrag stimmen. Ihn trennen jetzt nur drei Meter von der Vorsitzenden. Sie schenkt ihm keine Aufmerksamkeit.

Abler wird Merkel nicht gefährlich. Es gibt nur 27 Gegenstimmen bei 1000 Stimmberechtigten zum Koalitionsvertrag, wie Sitzungspräsident Armin Laschet in doch sehr rheinisch anmutender Zählweise feststellt. Unter den Delegierten ist Abler mit seinen Positionen in der Minderheit. Gut vertreten sieht er sich in der CDU nicht mehr. Auch nicht von dem zum konservativen Flügel zählenden Jens Spahn. Abler gehört seit 1977 der CDU an. Noch ist sie seine politische Heimat. Er sagt, zu Hause werde er für seine Rede aber wieder gefeiert werden.

(kd, qua)
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