Bundestagswahlkampf SPD, FDP und Grüne zerpflücken Steuerkonzept der Union

Berlin · SPD, FDP und Grüne sind die möglichen Koalitionspartner von CDU und CSU nach der Bundestagswahl. Aber die drei Parteien lassen kein gutes Haar am Steuerkonzept im Unions-Wahlprogramm.

 SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann (Archiv).

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann (Archiv).

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Die geplanten Netto-Entlastungen aller Steuerzahler um 15 Milliarden Euro jährlich würden schon allein daran scheitern, dass die Länder im Bundesrat ihnen nicht zustimmen würden, weil sie keine Einnahmeausfälle hinnehmen wollten, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Das Steuerversprechen der Union sei insofern "hohles Geschwätz". Die Union wolle auch Spitzenverdiener entlasten, dafür gebe es aber keinen Grund.

Die SPD-Finanzexperten Thorsten Schäfer-Gümbel und Carsten Schneider warfen der Union vor, zusätzlich erhebliche Mehrausgaben und Vergünstigungen zu planen, die nicht gegenfinanziert seien. Da die Union den Kinderfreibetrag und das Kindergeld stark erhöhen wolle, blieben für die Entlastung der Steuerzahler im unteren Bereich des Einkommensteuertarifs nur wenige Milliarden übrig.

Schneider erklärte, allein durch die von der Union geplante Steigerung der Verteidigungsausgaben ergebe sich zudem bis 2024 eine Haushaltslücke von insgesamt 30 Milliarden Euro. Da die Union für jeden zusätzlichen Verteidigungs-Euro einen Euro mehr für Entwicklungshilfe ausgeben will, klaffe ein Etatloch von sogar bis zu 60 Milliarden Euro.

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Die SPD will unter und mittlere Einkommen bis 60.000 Euro ebenfalls entlasten, plant zur Gegenfinanzierung jedoch eine Mehrbelastung für Einkommen ab 76.000 Euro. Das betreffe aber nur drei Prozent der Steuerzahler, sagte Schneider. Der größte Unterschied zur Union sei, dass die SPD den Solidaritätszuschlag schon ab 2020 für alle abschaffen wolle, die bis 52.000 Euro im Jahr versteuern. Die Union dagegen sage beim "Soli" nur eine Entlastung von vier Milliarden Euro 2020 und 2021 verbindlich zu. Was danach mit dem "Soli" passiere, lasse die Union offen.

Auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki nannte das Unionsprogramm "wenig ambitioniert". Es lese sich "wie ein Abklatsch" des SPD-Programms. Grünen-Fraktionsvize Kerstin Andreae sagte, die Wahlversprechen der Union summierten sich nach ihrer Rechnung auf 40 Milliarden Euro pro Jahr. Das sei unseriös, weil es nicht gegenfinanziert sei. "Ihre Pläne zur Kindergelderhöhung und Baukindergeld bevorzugen reiche Familien. Die Wahlversprechen der Union gefährden damit den sozialen Zusammenhalt", sagte die Grünen-Politikerin.

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Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, kritisierte sowohl das Unions- als auch das SPD-Steuerprogramm. "Die Steuerkonzepte von CDU/CSU und SPD haben die gemeinsame Schwäche, dass sie die Zukunftsinvestitionen nicht ausreichend stark in den Mittelpunkt stellen", sagte Fratzscher. Statt die Steuerzahler um 15 Milliarden Euro zu entlasten, solle die Summe komplett in Bildung und Infrastruktur gesteckt werden.

(mar)
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