Neues Pflegestufen-System Bundestag verabschiedet zweite Stufe der Pflegereform

Berlin · Der Bundestag hat am Freitagvormittag das "Zweite Pflegeergänzungsgesetz" verabschiedet. Vor allem die Rechte von psychisch Kranken werden gestärkt, außerdem gibt es ein neues System für Pflegestufen.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU)stellt seinen Gesetzentwurf zur Reform vor.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU)stellt seinen Gesetzentwurf zur Reform vor.

Foto: dpa, wk gfh

Dadurch erhalten Menschen mit Demenz und psychischen Störungen denselben Zugang zu Leistungen wie körperlich Beeinträchtigte. Die bislang drei Pflegestufen werden durch fünf Pflegegrade ersetzt. Eingeführt wird damit auch ein neues Begutachtungssystem. Ausgangspunkt sind die Fähigkeiten, nicht die Defizite der Patienten.

Der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktion gegen die Linken bei Enthaltung der Grünen angenommen. Das Gesetz soll zum 1. Januar in Kraft treten. Die Umstellung auf die neuen Pflegestufen wird aber zwölf Monate beanspruchen. Zur Finanzierung wird der Beitragssatz 2017 erneut erhöht: nach 0,3 Prozentpunkten in diesem Jahr um weitere 0,2 Punkte auf 2,55 Prozent.

Gröhe sprach von einem "Meilenstein für eine bessere Versorgung", die individuellen Ansprüchen besser gerecht werde. 500.000 Menschen würden nun zusätzlich in die Pflegeversicherung einbezogen. Die Opposition begrüßte Verbesserungen, kritisierte aber, dass die Reform den eigenen Ansprüchen nicht gerecht werde und zu neuen Ungerechtigkeiten führe. Es fehle weiter an Zeit und Pflegekräften, zumal eine neue Bemessung des Personals erst für 2020 vorgesehen sei.

Gröhe betonte, dass keiner der heutigen Leistungsempfänger durch den Systemwechsel schlechter gestellt werde. Für die rund 2,8 Millionen Menschen, die bereits Pflegeleistungen erhalten, soll es Bestandsschutz geben.

Durch die Reform hat zudem jeder Versicherte in stationären Pflegeeinrichtungen Anspruch auf zusätzliche Betreuungsangebote. Die Einrichtungen müssen weitere Betreuungskräfte einstellen. Die Reform stärkt den Grundsatz "Reha vor Pflege". Verbesserungen sind auch für pflegende Angehörige vorgesehen. Die Pflegekassen müssen kostenlose Pflegekurse anbieten. Wer zur Pflege aus dem Beruf aussteigt, erhält Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Zudem gibt es höhere Rentenansprüche.

Die Pflegepolitikerin der Linken, Pia Zimmermann, kritisierte, dass Verbesserungen für Demenzkranke auf Kosten der Personen in den unteren Pflegegraden gingen. Menschen mit Pflegebedarf würden in Armut getrieben. Die Reform sei kein Wechsel zur teilhabenden Pflege.

Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Karl Lauterbach, bewertete die Reform als "großartige Leistung". Für die große Zahl der stärker Pflegebedürftigen gebe es starke Entlastungen.

Nach Einschätzung von Elisabeth Scharfenberg (Grüne) verspricht die Reform hingegen mehr, als sie halten kann. Das gelte vor allem für den Anspruch auf mehr Teilhabe. Es fehle vor allem an Zeit für Pflege, Personal und Geld. Der Druck in der Pflege werde weiterbestehen. Die Pflege sei mit der jetzigen Beitragshöhe nur bis 2022 gesichert. Der zu Jahresbeginn eingeführte Vorsorgefonds schlucke jährlich 1,4 Milliarden Euro an Beitragsgeldern, senke aber den Beitragssatz künftig gerade um 0,1 Prozentpunkte.

(lkö/KNA)
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