Tirade von Zwischenrufen Bundestag streitet heftig ums Betreuungsgeld

Berlin · Dürften die Fraktionen im Bundestag sich mit Farbbeuteln bewerfen, um ihren Unmut übereinander auszudrücken – bei der ersten Beratung über das Betreuungsgeld wären sie vermutlich geflogen. So emotional wie am Donnerstag geht es selten zu im Parlament. 90 Minuten dauert der erste Schlagabtausch.

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Foto: dpa, Arno Burgi

Dürften die Fraktionen im Bundestag sich mit Farbbeuteln bewerfen, um ihren Unmut übereinander auszudrücken — bei der ersten Beratung über das Betreuungsgeld wären sie vermutlich geflogen. So emotional wie am Donnerstag geht es selten zu im Parlament. 90 Minuten dauert der erste Schlagabtausch.

Unter einer Tirade von Zwischenrufen ätzt die CSU-Vizegeneralsekretärin und Familienpolitikerin Dorothee Bär, jeder habe inzwischen seinen Wissenschaftler gefunden, der Argumente und Zahlen gegen das Betreuungsgeld liefere. Für sie seien jedoch "die wirklichen Experten die Eltern selbst". Einigen Beifall erhält sie aus den Unionsreihen, stürmisch jedoch fällt er nicht aus. Die Stimmung ist aufgeheizt. Es wird auf Tische geklopft, gejohlt.

Eigentlich hätte schon Mitte Juni über das Gesetz beraten werden sollen. Weil zu wenige Abgeordnete da waren, war der Bundestag jedoch beschlussunfähig — und die Sitzung wurde zum Verdruss der CSU aufgehoben. Diesmal sind die schwarz-gelben Reihen recht gut gefüllt. Bei der FDP, die dem Betreuungsgeld aus reiner Koalitionsräson zustimmen will, sieht es allerdings ein wenig lichter aus. Christian Lindner etwa, FDP-Fraktionschef in NRW, ist nicht da. Überhaupt sucht man die Skeptiker der Koalition heute vergeblich.

Die Argumente gegen das Betreuungsgeld trägt daher vor allem die Opposition vor. SPD-Familienpolitikerin Dagmar Ziegler stellt fest, dass "dieser Gesetzentwurf eine besondere Qualität hat, nämlich gar keine". CDU, CSU und FDP machten Politik nach dem Motto "Augen zu und durch zum Wohle von Horst Seehofer". Scharf formuliert auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast: "Dieses Gesetz ist der teure Versuch, sich vom Rechtsanspruch auf Kita-Plätze freizukaufen."

Als Familienministerin Kristina Schröder (CDU) in den Ring steigt, schlagen die Wogen am höchsten. In Deutschland sei jegliche Hemmung weggefallen, "junge Familien zu beleidigen", stellt sie fest. Schröder verteidigt das Betreuungsgeld mit der Freiheit, die es für Eltern bedeute: "Wer sein Kind mit eins in die Kita gibt, ist nicht herzlos, wer es zu Hause erzieht, ist nicht hirnlos." Jetzt applaudiert auch die Union laut.

Schröder weiß, dass das nur ein Etappensieg ist, wenn überhaupt. Dass ihr Entwurf die Sommerpause überlebt, ist fraglich. Die Kritiker in den eigenen Reihen werden weiter über Kompromisse reden wollen.

(RP/pst)
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