Ländervotum aber weiter offen Bundestag billigt Steuersenkung

Berlin · Union und FDP haben im Bundestag den Gesetzentwurf der Regierung für eine Senkung der Einkommensteuer durchgesetzt. Redner der Opposition kritisierten am Donnerstag in der Debatte, dass für die Steuerausfälle von sechs Milliarden Euro keine Gegenfinanzierung vorgesehen sei und die Entlastungen Gutverdiener bevorzugen würden. SPD und Grüne wollen die Vorlage im Bundesrat stoppen, dessen Zustimmung für die Reform notwendig ist.

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Foto: dapd

Der Gesetzentwurf sieht vor, den steuerfreien Grundfreibetrag in zwei Stufen um insgesamt 350 Euro zu erhöhen - ab Januar 2013 auf 8130 Euro und ab Januar 2014 auf 8354 Euro. Zudem soll der Tarifverlauf so verändert werden, dass die sogenannte kalte Progression möglichst vermieden wird. Durch sie werden in Verbindung mit der Inflation Lohnerhöhungen teilweise aufgezehrt. Die entscheidende Abstimmung im Bundesrat ist für den 11. Mai vorgesehen.

Der CDU-Finanzexperte Klaus-Peter Flosbach sagte, es sei nur gerecht, Mehreinnahmen des Staates durch die kalte Progression den Bürgern zurückzugeben. Auch die Anhebung des Grundfreibetrages, der das Existenzminimum steuerfrei stellt, sei wegen höherer Lebenserhaltungskosten erforderlich. Der FDP-Finanzpolitiker Volker Wissing warf der Opposition vor: "Sie suchen nach Gründen, um diesen Gesetzentwurf nicht unterstützen zu müssen."

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte in einem Video-Podcast, der Abbau der kalten Progression sei notwendig, weil diese "zu faktischen Steuererhöhungen führt, die der Gesetzgeber so nicht beschlossen hat". Die Regierung will die Wirkung der kalten Progression künftig alle zwei Jahre in einem Bericht überprüfen.

Der SPD-Finanzpolitiker Lothar Binding sagte im Bundestag, es habe in den vergangenen Jahren gar keine Mehrbelastung durch kalte Progression gegeben, weil diese durch Steuersenkungen mehr als ausgeglichen worden sei. Auch sei es befremdlich, dass die Koalition eine "Steuersenkung ohne jede Gegenfinanzierung, auf Pump" plane, während es bei Forderungen nach Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst oder nach weiteren Leistungen für die Pflege von Demenzkranken heiße, es sei kein Geld da. Für die Erhöhung des Grundfreibetrags sollten neue Daten zum Existenzminimum abgewartet werden.

SPD: Reiche werden entlastet

"Dieses Gesetz würde dazu führen, dass die Hälfte der Entlastung bei den oberen 20 Prozent der Einkommensbezieher ankommt", sagte der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick. So würde VW-Chef Martin Winterkorn mit einem Jahreseinkommen von rund 17,5 Millionen Euro durch die Reform steuerlich entlastet. Dagegen sähen Pläne der Grünen vor, den Grundfreibetrag sogar auf 8400 Euro zu erhöhen, dies aber durch Mehrbelastungen für Reiche zu finanzieren.

"Auch die Linke ist für Steuerentlastungen im unteren und mittleren Einkommensbereich", sagte deren Finanzexpertin Barbara Höll. Es müsse dafür aber eine Gegenfinanzierung geben. Auch Höll kritisierte, die Koalitionspläne führten "zur Vergrößerung der Schere zwischen arm und reich", weil besonders hohe Einkommen entlastet würden.

Deutsche-Post-Chef Frank Appel sagte, zur Sanierung der Staatsfinanzen wäre er "auch bereit, höhere Steuern zu bezahlen". Das Geld dürfe allerdings nicht in die Finanzierung neuer staatlicher Leistungen fließen, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Donnerstag. Appel verdiente im vergangenen Jahr knapp 3,1 Millionen Euro.

(AFP)
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