Bundestag berät Anträge Bei der Mehrwertsteuer in der Gastronomie wächst der Druck

Analyse | Berlin · Der reduzierte Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie treibt die Politik weiter um. Beibehalten oder nicht? Die Opposition erhöht jetzt im Bundestag den Druck auf die Ampel. Und auch der Bundesrat mischt mit.

Bleibt es beim reduzierten Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie? Die Opposition im Bundestag fordert dies.

Bleibt es beim reduzierten Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie? Die Opposition im Bundestag fordert dies.

Foto: dpa/Oliver Berg

Es ist ein steuerpolitischer Dauerbrenner, der die Ampel seit Monaten beschäftigt – wie weiter mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Speisen in der Gastronomie? Die finanzielle Unterstützung aus der Corona-Krise läuft Ende des Jahres aus, und erst kurz davor soll nach den Worten des Kanzlers entschieden werden, ob die Maßnahme verlängert wird. Lässt sich der Zeitplan halten?

Der Branchenverband Dehoga drängt schon länger darauf, die sieben Prozent beizubehalten und nicht zu den 19 Prozent zurückzukehren - und dies auch zügig wegen der Planungssicherheit zu beschließen. In der Folge der Corona-Pandemie mussten schon rund 36.000 Restaurants und Kneipen ihre Türen schließen. Werde die Steuer wieder erhöht, so der Verband, würden Gäste wegbleiben, dies dann zu weiteren Umsatzeinbußen und erneut zu Tausenden Pleiten führen. Nun wächst der Druck auf die Ampel auch im Parlament.

Denn an diesem Donnerstag liegen mehrere Anträge zur reduzierten Mehrwertsteuer dem Bundestag vor. So will die Linke eine Steuererhöhung stoppen, die AfD eine „Preisexplosion im Gastro-Gewerbe verhindern“ und auch die größte Oppositionsfraktion, CDU/CSU, fordert die Koalition in einem Entschließungsantrag zum Handeln auf. Die Union verlangt, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu entfristen, „damit den Betrieben die dringend benötigte Planungssicherheit gegeben wird“. Der Kanzler müsse sein Versprechen aus dem Wahlkampf 2021 halten, so die Union.

Außerdem schlagen CDU/CSU flexible Arbeitszeitmodelle vor durch die Einführung wöchentlicher statt täglicher Höchstarbeitszeit sowie „die Steuerbefreiung von geleisteten Überstunden von Vollzeitbeschäftigten”. Dadurch will man dem Fachkräftemangel entgegenwirken und die Bereitschaft zur Mehrarbeit in der händeringend nach Mitarbeitern suchenden Gastronomie honorieren.

Über den Antrag lässt die CDU/CSU-Fraktion namentlich abstimmen, sodass nachvollziehbar sein wird, welche Abgeordneten dafür und dagegen gestimmt haben. Das hat einen Grund – die Ampel-Parlamentarier sollen Farbe bekennen. Auch, weil in der Koalition nach wie vor darüber debattiert wird, ob die Steuersenkung beibehalten werden soll oder nicht. Die Grünen bremsen wegen der Haushaltslage, die FDP schwankt und auch bei der SPD ist die Linie nicht einheitlich. SPD-Wirtschaftsexperte Esra Limbacher gehört zu den Befürwortern. Er sagt, die Mehrheit der gastronomischen Betriebe seien kleine Unternehmen, die stark unter Druck stünden. Daher halte er es persönlich für richtig, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz dauerhaft fortzuführen. „Was wir verhindern sollten ist, dass ein Restaurantbesuch für Familien wegen Preissteigerungen zum Luxus wird – das tut unserer Gesellschaft und unserer Gastronomie nicht gut“, so Limbacher zu unserer Redaktion. So sieht das aber nicht jeder in der SPD.

Aus der Union heißt es: „Die Ampel erhöht schon zum Jahreswechsel die Mehrwertsteuer auf Gas. Zeitgleich kommt die Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie“, so CDU-Mann Andreas Jung. Das seien Belastungen, „die viele Bürgerinnen und Bürger hart treffen“. Die Ampel müsse daher ihre Pläne „schleunigst wieder einsammeln". Die tourismuspolitische Sprecherin der Fraktion, Anja Karliczek, fordert gar „einen Pakt für ein starkes Gastgewerbe in Deutschland“. Bleibe es nicht bei den sieben Prozent auf Speisen über das Jahr 2023 hinaus, „geht das Restaurant- und Wirtshausterben weiter, mit all seinen negativen Folgen für den Tourismusstandort Deutschland und die Attraktivität gerade des ländlichen Raums und unserer Innenstädte“, so Karliczek zu unserer Redaktion.

Einer möglichen Verlängerung müsste allerdings auch der Bundesrat zustimmen. Mecklenburg-Vorpommern hat inzwischen einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem eine dauerhafte Entfristung gefordert wird. Sachsen hingegen will erreichen, dass die Regelung um drei Jahre verlängert wird, in der Hoffnung, dass die Bundesregierung noch eine wirkliche Reform des Mehrwertsteuersystems angeht. Positionieren sollen sich die Länder in ihrer nächsten Sitzung Ende September.

(has)
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