Zwei Minister stellen sich Vom „Wumms“ zum „Upps“ im Bundestag
Analyse | Berlin · Erstmals müssen sich im Bundestag zwei Minister gleichzeitig den Abgeordneten stellen – der Wirtschaftsminister und der Kanzleramtschef. Das Motto bei der Befragung lautet meist: Parieren durch Nettigkeit.
Der „Doppel-Wumms“ kam am Mittwoch im Parlament auf vier Beinen daher. Gleich zwei Minister mussten den Abgeordneten 90 Minuten gleichzeitig Rede und Antwort stehen, eine Premiere. Die Ampel hatte zum Beginn des Jahres die Geschäftsordnung des Bundestages geändert, um der Regierungsbefragung mehr Lebendigkeit einzuhauchen. Zwei besonders wichtige Minister kamen also, die vor allem verantwortlich sind für die Umsetzung des von Kanzler Olaf Scholz (SPD) als „Doppel-Wumms“ bezeichneten 200 Milliarden-Euro-Pakets gegen hohe Energiepreise.
Robert Habeck (Grüne), Wirtschafts-, Klima- sowie Energieminister und bekannt wie kein Zweiter, stand in der ersten Reihe der Regierungsbank. Eine Reihe schräg dahinter Wolfgang Schmidt (SPD), dem großen Publikum eher unbekannt. Er ist aber der Schattenmann von Scholz; sein enger Wegbegleiter über Jahre. Als Kanzleramtsminister muss Schmidt für den reibungslosen Ablauf im Maschinenraum der Ampel sorgen. Viel Arbeit im Verborgenen, lange Nächte. Öffentliche Auftritte sind selten. Es war auch sein erster bei der Befragung im Bundestag. Durchaus mit Spannung erwartet.
Schmidt und Habeck, man könnte sagen, Manager und Macher. Habeck wurden daher auch deutlich mehr Fragen gestellt, weil er für die operative Politik steht. Gestresst wirkten beide nicht, relativ locker und mitunter auch gerne unkonkret absolvierten sie den parlamentarischen Ritt durch die vielen Themen. Wobei: Keine Frage der Abgeordneten hatte das Zeug dazu, einen von beiden irgendwie in eine Art Erklärungsnot zu bringen.
Vor allem Schmidt verfolgte ein besonderes Prinzip: parieren durch Nettigkeit. „Wir freuen uns über jede Nachfrage zu unserer Politik“, meinte er etwa. Oder: „Das ist eine schöne Frage.“ Den anhaltenden Koalitionsstreit um die Planungsbeschleunigung räumte er mit den Worten ab, an einer Lösung würden die beteiligten Ministerien arbeiten „und das Kanzleramt begleitet es liebevoll. Wie so häufig.“ Dazu noch ein Lächeln - der Nächste, bitte.
Cybersicherheit, Arbeit der Geheimdienste bei der Aufklärung des Lecks an der Pipeline Nord Stream 2 – „die Ermittlungen laufen, der Generalbundesanwalt ist dran“ - , oder aber die Lehren aus dem Corona-Krisenstab, alles kein Problem aus Sicht von Schmidt. Wie man ohnehin die drei Krisen „gut im Griff“ habe, betonte der Chef des Kanzleramtes. Gemeint waren Corona, Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, die Energiekrise. Er sei ja für die Preise zuständig, verriet Schmidt. Dafür gab es dann den „Doppel-Wumms“, zu dessen Erfindern der Kanzleramtsminister gehören soll.
Aber auch Habeck musste sich seinerzeit an die Umsetzung der Hilfen machen. Seine achtminütige Einführung zu Beginn nutzte er für ein rasches, marktwirtschaftliches Proseminar inklusive ökologischer Komponente. Industriepreise für Energie, Freihandelsabkommen, der Zoff um das milliardenschwere US-Investitionsprogramm zur Inflationsbekämpfung, Verstöße gegen das Klimaschutzgesetz im Bereich Gebäude und Verkehr – vieles brannte den Abgeordneten unter den Nägeln. „Wir sollten schnell sehen, dass wir die Lücke schließen“, antwortete er hinsichtlich der noch fehlenden Einsparungen von CO2. Beim Stichwort Fachkräftemangel schoss er gegen die Union: „Wie konnte man das eigentlich die letzten 16 Jahre übersehen?“ Das bereits bestehende Fachkräfteweinwanderungsgesetz halte er „bei weitem nicht für ausreichend“. Setzen, sechs.
Ansonsten lautete auch seine Botschaft, alles im Griff zu haben. Es sei gelungen, die Gasknappheit zu beheben. „Und es gab keine Mangellage in diesem Winter.“ Außerdem: „Die Deutsche Stromversorgung ist sicher“, versprach Habeck. Als ein AfD-Abgeordneter ihn auf ein altes Zitat zur Vaterlandsliebe ansprach, meinte der Minister, er müsse das Buch, auf das er sich beziehe, schon lesen - da habe er nämlich als Grüner ein Loblied auf den Patriotismus gesungen. „Upps“, stichelte Habeck grinsend. Er hätte auch „Wumms“ sagen können.