Verbesserungen für Alleinerziehende Regierung will Unterhaltsrecht für getrennte Eltern ändern

Berlin · Deutsche Familienrichter wenden Recht aus den 1950er Jahren an, wonach oft die Mutter die Kinder betreut und der Vater zahlt. Die Bundesregierung will die Gesetze ändern, um getrennten Elternpaaren mehr Flexibilität zu geben und prüft seit 2015 mögliche Reformen.

 Immer häufiger wollen sich Eltern trotz einer Trennung gemeinsam um die Erziehung kümmern. Das Unterhaltsrecht sieht das kaum vor.

Immer häufiger wollen sich Eltern trotz einer Trennung gemeinsam um die Erziehung kümmern. Das Unterhaltsrecht sieht das kaum vor.

Foto: imago

Wenn sich Elternpaare trennen, ist das häufig mit einer hohen emotionalen Belastung verbunden, insbesondere für die betroffenen Kinder. Die Unterhaltsregelungen sorgen mitunter für zusätzliche Schwierigkeiten zwischen Mutter und Vater. Nun will die Bundesregierung das aus den 1950er Jahren stammende Unterhaltsrecht reformieren, weil es sich angesichts gewandelter Rollenbilder als zu wenig flexibel erwiesen hat. Das geht aus der Antwort des Bundesjustizministeriums auf eine FDP-Anfrage hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Bis zum Sommer des kommenden Jahres soll dazu eine Arbeitsgruppe im Ressort von Ministerin Katarina Barley (SPD) Vorschläge für eine Novelle vorlegen. Acht Personen sind in der Gruppe vertreten, darunter Professoren für Familienrecht, Richter und Vertreter der Anwaltschaft. Einen Zwischen- oder Abschlussbericht soll es allerdings nicht geben, schreibt das Ministeriums.

Die FDP sieht als Hauptproblem im bestehenden Recht, dass die meisten Urteile der Familiengerichte dem sogenannten Residenzmodell folgen würden. Das bedeutet übersetzt: Ein Elternteil übernimmt die Erziehung weitgehend alleine, der andere Elternteil leistet den Unterhalt, und zwar in bar. „Die Bundesregierung steckt mit ihrer Familienrechtspolitik im letzten Jahrhundert fest“, sagte FDP-Familienpolitiker Daniel Föst. Durch das derzeitige Familienrecht würden überholte Rollenbilder nach einer Trennung verstärkt. Trotz einer Trennung würden sich heute immer häufiger beide Elternteile gleichberechtigt um die Erziehung der Kinder kümmern wollen.

Das hat auch das Ministerium erkannt. In der Antwort heißt es: „Wollen beide Eltern ihre Kinder getrennt, aber gemeinsam betreuen, so hat das Unterhaltsrecht hierfür Lösungsmodelle bereit zu halten.“ Dazu habe es im Mai 2015 ein Symposium gegeben, seither würden mögliche Lösungsansätze untersucht. Der FDP geht das viel zu langsam. „Die Bundesregierung verliert sich in Prüfungen und Evaluationen durch Arbeitsgruppen in Ministerien und hinkt mit ihrer Politik der Lebensrealität der Menschen weit hinterher“, sagte Föst. Er forderte die Kommission auf, schnellstmöglich Ergebnisse vorzulegen. 

Politische Bemühungen, die Situation von Alleinerziehenden zu verbessern, gab es zuletzt mit der Reform des Unterhaltsvorschusses. Jener Leistung in Höhe von bis zu 273 Euro monatlich, die der Staat übernimmt, wenn der zum Unterhalt verpflichtete Elternteil (zumeist der Vater) nicht zahlen kann oder will. Später muss das Geld von dem säumigen Elternteil zurückgezahlt werden. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) lobte den Ausbau, den ihre Amtsvorgängerin Manuela Schwesig (SPD) auf den Weg gebracht hatte. „Nach dem Ausbau erreichen wir nun 300.000 Kinder von Alleinerziehenden zusätzlich“, sagte Giffey. Insgesamt profitierten mehr als 700.000 Kinder vom neuen Unterhaltsvorschuss, der seit Juli 2017 unter bestimmten Voraussetzungen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gezahlt wird.

Genaue Auskunft darüber, wie viele Personen Anspruch haben, vermag das Ministerium nicht zu geben und verweist auf Unsicherheiten etwa wegen noch laufender Antragsverfahren. FDP-Experte Föst moniert, dass es für den zweitgrößten Posten im Haushalt des Familienministeriums keine belastbare Zahlenbasis gebe. „Während das Familienministerium gerade die Zahl von 714.000 Berechtigten veröffentlicht hat, geht das Justizministerium von durchschnittlich gut 700.000 berechtigen Kindern für 2019 aus“, sagte Föst und warf der Regierung vor, im Nebel zu stochern.

(jd)
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