"Schuss aus der Hüfte" Bundesrat schmettert Anti-Stalking-Gesetz ab

Berlin (rpo). Der Bundesrat hat den Entwurf der rot-grünen Koalition für ein Anti-Stalking-Gesetz verworfen. Das Gesetz sah vor, einen eigenen Straftatbestand für die hartnäckige Verfolgung, Belästigung und Bedrohung von Menschen zu schaffen. Im neu zusammengesetzen Bundestag soll das Thema jedoch wieder angepackt werden.

Der Entwurf komme zu spät und sei in der Sache schlecht, so die Begründung für die Ablehnung. Die Länder hatten bereits im Juli 2004 eine Gesetzesinitiative zur strafrechtlichen Bekämpfung von fortgesetzter Verfolgung, Belästigung und Bedrohung vorgelegt. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries sagte, der neue Bundestag solle beide Entwürfe prüfen.

Alle Parteien wollen die Opfer von Nachstellungen besser schützen. Dafür soll ein eigenständiger Straftatbestand geschaffen werden. Doch weitere Schritte können erst unternommen werden, wenn sich der Bundestag konstituiert hat und eine neue Regierung im Amt ist.

"Schuss aus der Hüfte"

Der hessische Justizminister Christean Wagner (CDU) warf Zypries vor, ein Jahr lang über das Problem nur diskutiert zu haben. Dann habe das Ministerium kurz vor der Wahl und "aus der Hüfte schießend" endlich seinen Entwurf vorgelegt. Doch der komme angesichts der vorgezogenen Wahl nicht nur zu spät: "Er ist auch in der Sache schlecht."

Wagner kritisierte, die Bundesregierung nehme "Strafbarkeitslücken" in Kauf. In ihrem Entwurf fehle ein "Auffangtatbestand" für solche Verhaltensweisen, die ausdrücklich nicht aufgenommen worden seien. Dazu gehöre beispielsweise der Fall, dass ein Täter den Angehörigen nachstelle oder deren Sachen beschädige.

Auch gehe der von Rot-Grün geplante Opferschutz nicht weit genug, erklärte Wagner. Denn die Strafbarkeit von "Stalking" solle erst dann gegeben sein, wenn das Opfer bereits schwerwiegend und unzumutbar in seiner Lebensgestaltung beeinträchtigt sei.

Der Bundesrat hatte mit seiner Unionsmehrheit dagegen vorgeschlagen, das Verhalten müsse nur geeignet sein, die Lebensgestaltung zu beeinflussen.

Darüber hinaus fehle im Entwurf der Bundesregierung ein Haftgrund für gefährliche Täter, sagte Wagner. Die Strafverfolgungsbehörden müssten im Extremfall hilflos abwarten, "bis es zur Eskalation mit der Folge schwerster Verletzungen oder gar dem Tod des Opfers" komme.

Strafen bereits heute möglich

Der englische Begriff "Stalking" stammt aus der Jägersprache und bedeutet so viel wie "anpirschen" oder "anschleichen". Viele Nachstellungen erfüllten schon heute Tatbestände des Strafgesetzbuches, erklärte das Bundesjustizministerium.

Beispielsweise kann Hausfriedensbruch, Körperverletzung oder sexuelle Nötigung vorliegen. Darüber hinaus hätten Opfer die Möglichkeit, über das Gewaltschutzgesetz bei Gericht Schutzanordnungen gegen den Nachsteller zu erwirken.

Der rot-grüne Gesetzentwurf sah vor, dass ein neuer Tatbestand "Nachstellung" in das Strafgesetzbuch eingefügt wird. Mit Haft bis zu drei Jahren sollte bestraft werden, wer das Leben seines Opfers durch physische und psychische Zudringlichkeiten "schwerwiegend und unzumutbar beeinträchtigt".

(ap)
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