Bundespräsident zu Europa Steinmeier warnt vor Isolierung Deutschlands

Berlin · Aus Sicht des Bundespräsidenten steht Deutschland in Europa längst nicht so gut da, wie es sich das selbst weismacht. Über die Diskrepanz der eigenen Wahrnehmung und der von außen sprach Steinmeier beim „Forum Bellevue“.

 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sorgt sich um die Rolle Deutschlands in Europa.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sorgt sich um die Rolle Deutschlands in Europa.

Foto: dpa/Guido Bergmann

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat kritisiert, dass die Eigen- und Fremdwahrnehmung Deutschlands in Europa auseinandergingen. „Deutschland glaubt oft, hilfsbereit und solidarisch zu handeln, während andere uns vorwerfen, nur nationale Interessen zu verfolgen“, sagte das Staatsoberhaupt am Dienstag zur Eröffnung des „Forum Bellevue“ - die Debatten-Veranstaltung stand dieses Mal ganz im Zeichen der Europawahl.

Angesichts des ramponierten Rufs Deutschlands in Europa warnte Steinmeier: „Das Risiko ist real, dass Deutschland sich in Europa isoliert - wenn auch mit vermeintlich besten Absichten.“ Konkret richtete der Bundespräsident seine Kritik auf das Feld der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie auf die Wirtschafts- und Währungsunion. „Handeln wir wirklich immer so, wie es unser Reden von der ,Schicksalsgemeinschaft Europa’ erfordern würde“, fragte Steinmeier.

Der Bundespräsident sieht auch die wachsende Wohlstandskluft in Europa als Gefahr für die Einheit der Gemeinschaft. Die Folgen der Finanzmarktkrise von 2008 seien noch nicht bewältigt, mahnte er. Deutschland könne nicht darüber hinwegsehen, „dass die Differenz zwischen steigenden Löhnen und Renten in Deutschland und sinkenden Einkommen in anderen EU-Staaten dem Gedanken der Europäischen Union widerspreche, wonach alle gemeinsam zum Glück vereint seien.

Vor diesem Hintergrund sieht Steinmeier die Freizügigkeit in Europa in Gefahr. Sie könne auf Dauer nur Bestand haben, „wenn sie sich nicht in einer massiven Abwanderung der jungen, gut ausgebildeten Generation vieler Länder nach Deutschland erschöpft“.

Zuletzt hatte Steinmeier die südosteuropäischen EU-Länder KroatienBulgarien und Slowenien bereist. Diese Länder haben mit einer Abwanderung junger Menschen zu kämpfen. Insbesondere in Kroatien ist Deutschland als Auswanderungsland sehr beliebt.

(qua)
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