Kritik an Verwendung von Corona-Rückflüssen Union droht mit Verfassungsklage gegen Bundeshaushalt 2025

Berlin · Verfassungsrechtler und der Bundesrechnungshof halten die von der Ampel geplante Verwendung von Rückflüssen aus Corona-Soforthilfen und anderen Hilfen im Bundeshaushalt 2025 für verfassungswidrig. Die Union behält sich deshalb erneut eine Verfassungsklage vor.

CDU-Chef Friedrich Merz (links) und Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg drohen der Ampel erneut mit einer Verfassungsklage.

Foto: dpa/Michael Matthey

Die Unionsfraktion behält sich eine neue Verfassungsklage gegen Pläne von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zur Finanzierung des Bundeshaushalts 2025 vor. Hintergrund sind erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an der geplanten Verwendung von Rückflüssen aus Notlagenkrediten während der Corona- und der Energiekrise. Diese Mittel in Höhe von zusammen rund 3,5 Milliarden Euro will Lindner als Einnahmen im Haushalt verbuchen.

„Die Verwendung von nicht benötigten, im vorliegenden Fall zurückfließenden Notlagenkreditmitteln zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung ist verfassungswidrig“, heißt es jedoch in der Stellungnahme des Heidelberger Verfassungsrechtlers Hanno Kube für die Expertenanhörung im Haushaltsausschuss am kommenden Montag. Ähnlich hatte bereits der Bundesrechnungshof argumentiert. Aus Unionssicht handelt es sich um eine indirekte und verkappte Ausweitung der Neuverschuldung.

Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil im November 2023 deutlich gemacht, „dass ein sachlicher Veranlassungszusammenhang zwischen der Aufnahme von Notlagenkreditmitteln und ihrer Verwendung zur Bekämpfung und Überwindung einer Notlage bestehen muss“, schreibt Kube in seiner Stellungnahme, die unserer Redaktion vorliegt. „Ergeben sich Rückflüsse, weil Notlagenkreditmittel im Ergebnis nicht benötigt wurden, verbietet sich mithin eine Weiterverwendung zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung“, so Kube.

Konkret geht es um Einnahmen aus Rückzahlungen von Corona-Soforthilfen in Höhe von 300 Millionen Euro, Einnahmen aus der Abwicklung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds Energiekrise in Höhe von 2,9 Milliarden Euro sowie Einnahmen aus der Stabilisierung des Gasunternehmens Securing Energy for Europe GmbH (SEFE) in Höhe von 300 Millionen Euro. Kube hatte bereits zuvor in einem Gutachten für die Union starke Verfassungszweifel an der Höhe der geplanten globalen Minderausgabe im Haushalt von zwölf Milliarden Euro angemeldet.

Das Bundesfinanzministerium verteidigt in der Antwort auf eine schriftliche Frage des CDU-Abgeordneten Mathias Middelberg die geplante Verwendung der Rückzahlungen als Einnahmen im Bundeshaushalt. So bezweifelt es, ob es sich im Falle der Corona-Soforthilfen „tatsächlich um eine ,Rückzahlung´ handelt, also um eine Rückführung genau der damals ausgezahlten Mittel, oder ob die Mittel bereits den Zuständigkeitsbereich des Bundes verlassen hatten und der Notlagenmaßnahme außerhalb des direkten Einflussbereiches des Bundes zugeführt wurden“, wie es in der Antwort des Ministeriums heißt, die der Zeitung ebenfalls vorliegt.

Allerdings hatte auch der Bundesrechnungshof (BRH) in einem Bericht für den Haushaltsausschuss vom 6. September verfassungsrechtliche Zweifel an der Verbuchung der Rückflüsse aus Notlagenkrediten erhoben. „Die Verwendung von Rückflüssen aus Notlagenkrediten zur Finanzierung allgemeiner Haushaltsausgaben würde den fortbestehenden zwingenden Zusammenhang zwischen Kreditaufnahmen und Notlage auflösen“, hieß es in dem BRH-Bericht . Die Nutzung „zur Finanzierung allgemeiner Haushaltsausgaben würde den fortbestehenden zwingenden Zusammenhang zwischen Kreditaufnahmen und Notlage auflösen“, so die Rechnungsprüfer. Die Rückflüsse dürften daher „nicht zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung verwendet werden“, warnen die Rechnungsprüfer. „Sie sind nach Auffassung des Bundesrechnungshofes vielmehr zur Tilgung der Notlagenkredite heranzuziehen.“ Damit drohe „eine weitere Finanzierungslücke“ im Haushalt.

Die Unionsfraktion denkt nun erneut über eine Verfassungsklage nach, sollte die Ampel an der Verbuchung festhalten. „Wir wollen ausdrücklich keine neue Verfassungsklage. Sollte der Finanzminister diese verfassungswidrigen Buchungsvorschläge aber ins Werk setzen, wäre das ein veritabler Klagegrund“, sagte Unionsfraktionsvize Middelberg unserer Redaktion. Die Argumentation Lindners sei nicht tragfähig. „Das Finanzministerium verteidigt die Verbuchung von Einnahmen aus Corona-Notlagenkrediten im Haushalt 2025 mit allein formalistischen Argumenten“, kritisierte Middelberg. „Materiell handelt es sich aber klar erkennbar um einen Rückfluss von Geldern, die ursprünglich unter Berufung auf die ,Notlage Corona´ unter Aussetzung der Schuldenbremse als Kredite aufgenommen wurden“, sagte Middelberg.

„Auch die genannten weiteren Rückflüsse aus Notlagenkrediten darf die Regierung jetzt nicht zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung verwenden. Anderenfalls hätten wir wieder einen Fall der ,Umwidmung´ von Krisen-Geldern, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Auslegung der Schuldenbremse ausdrücklich moniert hatte“, sagte der CDU-Politiker.