Haushaltsdebatte im Bundestag Das sind die Knackpunkte im Bundeshaushalt 2025
Berlin · Selten war ein Bundeshaushalt so umstritten wie dieser: Der Bundesfinanzminister bringt ein Rechenwerk in den Bundestag ein, das auf wackeligen Beinen steht und bis Ende November von den Parlamentariern an vielen Stellen noch wesentlich verändert werden muss.
Vor dem Haushaltsausschuss des Bundestags liegt so viel Arbeit wie noch nie: Weil sich die Ampelspitzen an wichtigen Stellen im 490-Milliarden-Euro-Etat trotz ihrer wochenlangen Verhandlungen am Ende nicht völlig einig werden konnten, müssen nun die Parlamentarier ran. Hier die größten Knackpunkte:
Haushaltslücke
Dem Bundestag wird für das Wahljahr 2025 von der Regierung ein Etat mit einer Haushaltslücke von 12,5 Milliarden Euro vorgelegt. Ausgedrückt wird dieser Posten als sogenannte Globale Minderausgabe (GMA): Die Regierung nimmt an, dass dieses Geld bis Ende 2025 nicht ausgegeben werden wird, weil etwa Förderprogramme nicht komplett abgerufen werden.
Bundesbank, Bundesrechnungshof und ein verfassungsrechtliches Gutachten im Auftrag der Union halten die Höhe der GMA für problematisch: Als tragfähig gelten GMA in Höhe von maximal zwei Prozent des Gesamtbudgets, das wären knapp zehn Milliarden Euro. Rund 2,5 Milliarden Euro müssten noch eingespart werden – eine Aufgabe, die die FDP im Haushaltsausschuss für „überschaubar“ hält. Allerdings war es den Ampelspitzen nicht möglich, die Lücke durch weitere Kürzungen zu verringern – auch aus den Fraktionen gibt es bislang keine konkreten Vorschläge dazu. Denn wer sich zuerst regt, dessen Vorschläge dürften sofort als eingepreist gelten, das möchte keine Seite riskieren. Hinzu kommt, dass im Haushalt eine Fülle von weiteren geschätzten Minderausgaben und Mehreinnahmen versteckt sind, die durch die Realität erst noch gedeckt werden müssen.
Ifo-Präsident Clemens Fuest forderte die Ampelkoalition zu größeren Umschichtungen und Einsparungen bei nicht-investiven Ausgaben auf. „Wenn die Politik in Bereichen wie Verteidigung und Infrastrukturinvestitionen mehr Mittel einsetzen will, muss sie entweder Mittel aus den anderen Bereichen umschichten oder Steuern und Abgaben erhöhen“, sagte Fuest.
Ukraine-Hilfe
Für Militärhilfe an das von Russland überfallene Land plant die Ampel 2025 bisher nur vier Milliarden Euro fest ein. Im laufenden Jahr waren es noch 7,5 Milliarden. Die Regierung vertraut auf die Vereinbarung der G7-Staaten, mit den Zinsen des im Westen eingefrorenen russischen Vermögens einen 50-Milliarden-Euro-Kredit der Banken an die Ukraine absichern zu können. Noch ist das Zukunftsmusik, weshalb die Unruhe und die Sorge in der Ukraine bereits groß ist – zumal der Ausgang der US-Wahl Anfang November ungewiss ist. Gewinnt Donald Trump, könnte die Waffenhilfe auch der USA ausgehen.
Rüstungsausgaben
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wollte deutlich mehr zusätzliches Geld, um die Bundeswehr fit für die Zukunft zu machen. Statt 5,6 Milliarden Euro bekommt er jetzt nur 1,3 Milliarden Euro mehr. Doch richtig brenzlig wird die Finanzplanung für die Folgejahre: Ab 2027 spätestens wird das kreditfinanzierte Bundeswehr-Sondervermögen aufgebraucht sein, ab dann wird Deutschland seine Verteidigungsausgaben wieder komplett aus dem laufenden Etat finanzieren müssen. Versprochen hat die Regierung, künftig in jedem Jahr die Zwei-Prozent-Nato-Quote zu erfüllen. Will man das Ziel ab 2027 einhalten, müsste der Etat von Pistorius auf einen Schlag um 25 Milliarden Euro wachsen.
Humanitäre Hilfe
Besonders umstritten bei Grünen und Hilfsorganisationen sind die geplanten Kürzungen der humanitären Hilfe und der Entwicklungshilfe um zusammen mehr als zwei Milliarden Euro. Vor der ersten Lesung des Entwurfs für den Bundeshaushalt im Parlament warnt das UN-Welternährungsprogramm (WFP) vor Kürzungen bei der humanitären Hilfe und bei der langfristigen Hungerbekämpfung. Ein weiterer Rückzug Deutschlands aus diesen Bereichen könnte katastrophale Folgen haben - „für Millionen Menschen weltweit und auch für die Sicherheit in Deutschland“, sagte der Direktor des Berliner WFP-Büros, Martin Frick.
Konjunktur
Der ersehnte Aufschwung lässt auf sich warten. Im zweiten Halbjahr sieht es eher erneut nach einer Stagnation oder gar Rezession aus. Die Steuerschätzung am 24. Oktober dürfte daher wohl nicht die von der Ampel erhoffte Entlastung für den Etat bringen. Auch vom Arbeitsmarkt kommen keine guten Signale, denn die Arbeitslosigkeit steigt. Mit 179 Milliarden Euro ist der Etat von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) schon jetzt mit Abstand der größte. Beim Bürgergeld dürften bei schlechter Konjunktur die von der Ampel einkalkulierten Minderausgaben ausbleiben.
Die Wachstumsinitiative der Bundesregierung, die längst noch nicht im Gesetzblatt steht, soll Einsparungen von 6,9 Milliarden Euro bringen. Aus Sicht der Opposition ist das eine Luftnummer und in jedem Fall zu hoch gegriffen. Auch könnten die Zinsen für die Bundesschuld schneller steigen als einkalkuliert. Hinzu kommt auch, dass der Bund als Feuerwehr bei angeschlagenen Industriekonzernen wie der Meyer-Werft und möglicherweise auch noch bei VW oder anderen Unternehmen mit Finanzspritzen einspringen soll.