Schwierige Verhandlungen So sieht der Fahrplan zum Haushalt 2024 aus

Berlin · Das jüngste Verfassungsgerichtsurteil wirbelt die Haushaltsaufstellung kräftig durcheinander. Die Ampel-Koalition ist in sehr schweres Fahrwasser geraten, ihr droht gar ein Auseinanderbrechen. Wie die Parlamentarier den umstrittenen Bundeshaushalt für 2024 dennoch aufstellen wollen.

Ein Blick in den Bundestag. (Archiv, Symbol)

Ein Blick in den Bundestag. (Archiv, Symbol)

Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Haushaltsexperten der Ampel-Koalition haben derzeit alle Hände voll zu tun, trotz widrigster Umstände noch einen Haushalt für das kommende Jahr aufzustellen. Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das zum Stopp des Klima- und Transformationsfonds führte, hat die Haushälter vor enorme Herausforderungen gestellt. Sollte es aber noch weitergehen und auch der ungleich größere Wirtschafts- und Stabilitätsfonds ins Wanken geraten oder gar kippen, drohen riesige Finanzlöcher, die mit den bisherigen Vorgaben der Regierung (Festhalten an der Schuldenbremse) wohl nicht mehr zu stopfen wären.

Doch wie sieht der Fahrplan in dem ganzen Durcheinander nun eigentlich aus? Hier ein Überblick:

Sachverständigenanhörung An diesem Dienstag werden Expertinnen und Experten den Fachpolitikern im zuständigen Ausschuss des Bundestages ihre Einschätzungen geben, welche Auswirkungen das Urteil auf den Haushalt hat. Diese Sachverständigenanhörung ist für die Ampel-Haushälter wichtig, um auch in der Debatte um ein mögliches Aussetzen der Schuldenbremse Expertise einzuholen.

Beratungen in der Bundesregierung Parallel zu diversen Schalten und Treffen der Ampel-Haushaltspolitiker soll es dem Vernehmen nach auch fortwährend Gespräche zwischen den Regierungsspitzen über die Vorgaben der Ampel-Koalition geben. So hieß es aus Parlamentskreisen, am Mittwoch würden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ein weiteres Mal miteinander beraten – womöglich auch über den weiteren Kurs im Umgang mit der Schuldenbremse.

Am kommenden Donnerstag (23. November) findet dann der zweite und letzte Teil der sogenannten Bereinigungssitzung der Haushälter statt. Darin ringen die zuständigen Fachpolitiker der Fraktionen um letzte Anpassungen im Haushalt. Eine erste Sitzung war in der Nacht vom vergangenen Donnerstag auf Freitag ohne formellen Beschluss geblieben, weil das Urteil so weitreichende Folgen haben wird und angesichts dessen weiterer Beratungsbedarf besteht. Bei dem bevorstehenden zweiten Teil der Sitzung wird jedoch nicht erneut mit einem Verhandlungsmarathon bis in die frühen Morgenstunden gerechnet.

Ist die Bereinigungssitzung geschafft, folgt in der nächsten Sitzungswoche des Deutschen Bundestages die sogenannte Haushaltswoche. An deren Ende, nämlich am 1. Dezember, ist die Verabschiedung des Bundeshaushalts für 2024 in 2./3. Lesung geplant.

Das ist deswegen wichtig, um noch vor Jahresende einen Beschluss des Bundesrates zu bekommen. Die Länderkammer tagt am 15. Dezember. Kommt es so, kann der Bundeshaushalt zum 1. Januar 2024 inkraft treten.

Politisch ist die Debatte angesichts des knappen Zeitplans und der weitreichenden Folgen des Verfassungsgerichtsurteils massiv angespannt. So stieß beispielsweise die Idee der FDP, Kürzungen beim Sozialstaat vorzunehmen, für scharfe Kritik von Grünen und SPD.

So sagte Dagmar Schmidt, SPD-Fraktionsvizechefin im Bundestag, unserer Redaktion: „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu instrumentalisieren, um die eigene Kampagne gegen den Sozialstaat zu befeuern, ist schon bemerkenswert. In der Regierung zu sein, bedeutet, für echte Probleme echte Lösungen zu finden und nicht bloß der eigenen Anhängerschaft zuzuzwinkern", sagte sie an den Koalitionspartner gerichtet. „Wir brauchen einen starken Sozialstaat für alle. Wer verschiedene gesellschaftliche Gruppen oder Generationen gegeneinander ausspielt, die auf Unterstützung angewiesen sind, der macht das Gegenteil von verantwortungsvoller Politik.“ Beim Sozialstaat mache man keine Kompromisse, betonte die SPD-Politikerin.

Auch bei Jugendorganisationen gab es Gegenreaktionen. Philipp Türmer, neuer Bundesvorsitzender der Jusos, sagte auf Anfrage: „Der Haushalt hängt an so vielen Ecken und Kanten weiterhin schief.“ Für das Festhalten des Finanzministeriums an der Schuldenbremse fand er deutliche Worte. Sich aus der Krise heraus sparen zu wollen sei eine „selten dämliche Idee“.

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