Nach 18 Stunden Verhandlung Ampel billigt Bundeshaushalt mit 45 Milliarden Euro neuen Schulden

Berlin · So lang haben sie selten gebraucht: Nach 18-stündigen Verhandlungen hat die Ampel-Koalition endlich den Bundeshaushalt 2023 gebilligt. Die Opposition wirft ihr Tricksereien vor, doch die Ampel ist stolz: Trotz der Energiekrise könne die Schuldenbremse eingehalten werden.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in dieser Woche im Bundestag.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in dieser Woche im Bundestag.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Zufriedene Gesichter bei den Haushaltspolitikern der Koalition, Entsetzen in der Opposition: Unterschiedlicher konnten die Reaktionen auf die Ampel-Beschlüsse zum Bundeshaushalt 2023 am Freitagmorgen nicht sein.

Nach rekordverdächtigen 18 Stunden langen Verhandlungen hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags um 5.40 Uhr die 511 Seiten starke Vorlage des Bundesfinanzministers und 420 eigene Änderungsanträge bewältigt. Heraus kam ein Zahlenwerk, mit dem die vom Grundgesetz vorgegebene Schuldenbremse zwar eingehalten wird, das aber erhebliche Ausgabesummen gar nicht enthält. Denn für die Entlastungen von Bürgern und Unternehmen in der Energiekrise schafft die Ampel ein zusätzliches, aus Krediten finanziertes 200-Milliarden-Euro-Sondervermögen neben dem Etat beim so genannten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF).

Dieser riesige Nebenhaushalt gab Union und AfD Gelegenheit, der Ampel-Koalition, vor allem aber der FDP und ihrem Finanzminister, eine verlogene Haushaltspolitik vorzuwerfen. Die Linke dagegen kritisiert, die Regierung tue noch viel zu wenig, um Bürgern in der Krise aus der Not zu helfen. Die Ampel-Koalitionäre aber waren stolz darauf, dass sie die von der FDP vorgegebene rote Linie der Schuldenbremse nicht überschreiten, zugleich aber die Grundlagen dafür schaffen, dass das Kanzler-Versprechen eingelöst werden kann, niemanden in der Krise allein zu lassen.

Der Bundeshaushalt 2023 sieht Ausgaben von rund 476,3 Milliarden Euro vor – das sind 31 Milliarden Euro mehr, als von Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Sommer veranschlagt worden war. Die Neuverschuldung steigt auf 45,6 Milliarden Euro, fast dreimal so viel wie noch im Sommer (17,2 Milliarden Euro) veranschlagt. Dennoch hält der Etat die Schuldenbremse ein. Möglich wird das, weil sich zwischenzeitlich die Konjunktur verdüstert hat. In einer Rezession erlaubt die Schuldenbremse mehr neue Schulden, die Ampel schöpft diesen größeren Rahmen voll aus. Zudem stopft sie ein Loch mit der Entnahme von 40 Milliarden Euro aus der so genannten Asyl-Rücklage der Vorgängerregierung. Der Etat soll nun Ende November vom Bundestag gebilligt werden.

Steigende Zinsen und die hohe Inflation lassen die Zinsbelastung des Bundes 2023 noch stärker in die Höhe schießen als bisher geplant. Der Haushaltsausschuss erhöhte den Ansatz für Zinsausgaben um gut zehn Milliarden auf knapp 40 Milliarden Euro. Die Zinserhöhungen der Zentralbanken hätten Auswirkungen auf den Staat, sagte Minister Lindner. „Deshalb haben wir hier Vorsorge getroffen, damit wir nicht am Ende von den Kapitalmärkten kalt erwischt werden.“

Der Etat enthält nun auch zehn Milliarden Euro für den Aufbau der so genannten Aktienrente. Mit dem Kapitalstock soll eine neue Säule in der Rentenversicherung entstehen, um künftige Renten abzusichern und Rentenbeiträge zu stabilisieren. Zusätzlich hat der Haushaltsausschuss die Investitionsausgaben um weitere drei Milliarden Euro erhöht, etwa für die Bahn, die 500 Millionen Euro mehr erhält. In die Bekämpfung von Hunger in der Welt fließen zusätzlich zwei Milliarden Euro.

Die Union warf der Ampel vor, das wahre Maß der Neuverschuldung zu verschleiern. In Wahrheit mache sie nicht 45, sondern 300 Milliarden Euro neue Schulden, so Chef-Haushälter Christian Haase. Er monierte vor allem den starken Aufwuchs von Stellen. Der Haushaltsausschuss billigte rund 2100 zusätzliche Stellen, davon 425 in den Ministerien und 1600 in nachgeordneten Behörden, etwa beim WSF. „Das ist eine Dauerlast für die Zukunft“, beklagte Haase. Die Ampel-Haushälter betonten dagegen, dass sie auf der anderen Seite pauschal 1,6 Prozent der Stellen in den Ministerien kürzen. Durchgesetzt hätten sie zudem, dass Unternehmen, die staatliche Krisenhilfen erhalten sollen, daraus keine Manager-Boni und Dividenden für ihre Aktionäre finanzieren dürfen.

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