Härteleistungen an Angehörige Bund zahlt Entschädigungen für Terroropfer von Halle und Hanau in Millionenhöhe

Exklusiv | Berlin · Die rassistisch motivierten Terroranschläge von Halle und Hanau erschütterten das Land. Für die Angehörigen der Opfer bleibt das Leid lebenslang. Die Bundesregierung versucht, zumindest finanzielle Not zu lindern.

 Blumen liegen in der Nähe eines Tatorts im hessischen Hanau. Ein Einzeltäter ermordete im Februar 2020 in zwei Shisha-Bars gezielt Menschen mit Migrationshintergrund.

Blumen liegen in der Nähe eines Tatorts im hessischen Hanau. Ein Einzeltäter ermordete im Februar 2020 in zwei Shisha-Bars gezielt Menschen mit Migrationshintergrund.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Die Hinterbliebenen der Opfer des Terroranschlags von Hanau im Februar 2020 haben von der Bundesregierung mehr als eine Million Euro an Entschädigungen erhalten. Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums sagte auf Anfrage unserer Redaktion, dass bislang 43 Verwandte der getöteten Opfer pauschale Angehörigen-Leistungen erhalten hätten.

Eltern, Ehepartner und Kinder bekamen Schmerzensgeld in Höhe von jeweils 30.000 Euro, Geschwister von jeweils 15.000 Euro. Zusätzlich gab es teilweise einmalige Pauschalen zur Abmilderung eines Unterhaltsschadens für hinterbliebene Ehepartner sowie Unterhaltspauschalen für hinterbliebene Kinder. Der niedrigste ausgezahlte Betrag betrug 15.000 Euro, der höchste 65.000 Euro. Insgesamt seien rund 1,17 Millionen Euro an sogenannten Härteleistungen an die Familien der Hanau-Opfer ausgezahlt worden. Dazu kommen weitere Entschädigungen in Höhe von gut 250.000 Euro an Antragsteller, die nicht aus dem familiären Umfeld stammen.  

Der 43-jährige Deutsche Tobias R. hatte am 19. Februar 2020 in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordet. Unter den Opfern waren Menschen mit türkischen, kurdischen, bulgarischen, rumänischen und afghanischen Wurzeln sowie eine deutsche Romni. Danach tötete er nach Erkenntnissen der Ermittler seine Mutter und nahm sich selbst das Leben.

Mitte Dezember hatte die Bundesanwaltschaft das gegen Unbekannt geführte Hanau-Ermittlungsverfahren eingestellt. "Nach Ausschöpfung aller relevanten Ermittlungsansätze haben sich keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Beteiligung weiterer Personen als Mittäter, Anstifter, Gehilfen oder Mitwisser ergeben", hieß es in einer Erklärung.

In Halle an der Saale hatte Anfang Oktober 2019 ein Attentäter versucht, in eine Synagoge einzudringen. Als ihm das nicht gelang, erschoss er auf der Straße und in einem Döner-Imbiss zwei Menschen.

Bezüglich der Taten von Halle zahlte der Bund an 76 Antragsteller insgesamt rund 498.000 Euro an Härteleistungen aus. Die direkten Angehörigen der der Tat getöteten Opfer erhielten rund 105.000 Euro an staatlichen Hilfen.

Der Bund zahlte in der Vergangenheit auch Entschädigungen für Opfer und Hinterbliebene der rechtsextremen Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU). Der NSU ermordete von 2000 bis 2007 neun Menschen aus rassistischen Motiven sowie eine junge Polizistin. Im Zusammenhang mit der NSU-Mordserie betrugen die Härteleistungen nach Angaben des Justizministeriums insgesamt rund 2,7 Millionen Euro. Dazu kommen Zahlungen an Angehörige in verschiedenen Bundesländern. Allein im Bereich des Rechtsextremismus stellten zwischen 2011 und 2020 direkt Betroffene oder deren Angehörige mehr als 1400 Anträge auf staatliche Hilfsleistungen.

Solche Härteleistungen für die Opfer von terroristischen und extremistischen Übergriffen und Anschlägen werden auf Antrag vom Bundesamt für Justiz ausgezahlt. Die Behörde unterscheidet dabei zwischen rechtsextremistischen, sonstigen extremistischen Fällen und terroristischen Straftaten. Noch bis zum Jahr 2010 gab es lediglich für Opfer von Rechtsextremismus staatliche finanzielle Hilfen. Die staatlichen Entschädigungen für Terroropfer und deren Angehörige werden von zuständigen Ämtern bei der Berechnung von Sozialleistungen nicht als Einkommen oder Vermögen berücksichtigt.

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