Kritik an Europapolitik Bütikofer gibt Kohl in allen Punkten recht

Berlin (RPO). Die hefige Kritik von Alt-Kanzler Helmut Kohl am europapolitischen Kurs der Bundesregierung findet Lob bei Opposition und selbst Außenminister Westerwelle stimmt ihr zum Teil zu.

 Altkanzler Helmut Kohl.

Altkanzler Helmut Kohl.

Foto: dapd, dapd

"Das ist ein grandioses Interview", lobte der Grüne Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer im Gespräch mit "Welt Online". Er könne die Kritik "in allen Punkten unterschreiben". Dazu gehörte auch Kohls Kritik an der rot-grünen Bundesregierung, die 2003 gegen die Euro-Stabilitätspakt verstoßen haben.

"So ein vernichtendes Urteil über die jüngere deutsche Außenpolitik habe ich noch nicht gehört: Kein Standpunkt, keine Idee, kein Mut, keine Verankerung, keine Verlässlichkeit, kein Kompass, kein Führungswillen", so Bütikofer.

Kohl hatte die aktuelle deutsche Außenpolitik heftig kritisiert. Er stelle sich die Frage, wo Deutschland heute eigentlich stehe. Außerdem warnte Kohl vor einer Spaltung Europas. "Deutschland ist schon seit einigen Jahren keine berechenbare Größe mehr - weder nach innen noch nach außen", sagte Kohl der Zeitschrift "Internationale Politik". Er frage sich, "wo Deutschland heute eigentlich steht und wo es hin will", erklärte der CDU-Politiker mit Blick auf die transatlantischen Beziehungen.

Dass US-Präsident Barack Obama bei seinem jüngsten Besuch in Europa Deutschland nicht besucht habe, sei früher unvorstellbar gewesen. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht alles verspielen. Wir müssen dringend zu alter Verlässlichkeit zurückkehren", betonte der ehemalige Bundeskanzler.

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, fand im Gespräch mit "Welt Online" ebenfalls lobende Worte für das Interview - betonte aber, dass er Kohls Kritik nicht in allen Punkten teile. So halte er es beuispielsweise nach wie vor für richtig, dass sich Deutschland nicht am Irakkrieg beteiligt habe. Der Kritik an der aktuellen Bundesregierung schloss sich Mützenich aber an. "Zu Recht kritisiert Kohl, dass die Bundesregierung in der internationalen Außenpolitik keine klare Position bezieht und so den Eindruck vermittelt, orientierungslos herumzuwabern."

Auch Westerwelle findet lobende Worte

Selbst Bundesaußenminister Guido Westerwelle unterstützt die Kritik des Altkoanzlers zum Teil. Kohl habe "scharfkantige Kritik" an der Aufweichung des europäischen Stabilitätspakts geübt, sagte der FDP-Politiker am Mittwoch in Binz auf Rügen. Diese Kritik "teile ich ausdrücklich".

Auf Kohls Aussage, der deutschen Außenpolitik fehle der "Kompass", ging Westerwelle nur indirekt ein. Für ihn seien die Konstanten der deutschen Außenpolitik ganz klar, sagte der Minister. Seine drei Schwerpunkte seien der Einsatz für Europa, die Friedenspolitik und die Begründung neuer Partnerschaften bei gleichzeitiger Pflege der alten Freundschaften.

Hilfe für Griechenland

In dem Interview mit sprach Kohl in dem Interview mit der Zeitschrift "Internationale Politik" auch die aktuelle Euro-Krise an. Dabei warnte der Alt-Kanzler vor einem Auseinanderbrechen Europas. Die Hilfe, beispielsweise für Griechenland, sei notwendig, "wir haben keine Wahl, wenn wir Europa nicht auseinanderbrechen lassen wollen", so Kohl.

"Beherztes Zupacken"

Europa brauche in dieser Krise ein "beherztes Zupacken und ein Paket vorausschauender, klug gewogener und unideologischer Maßnahmen, mit dem wir Europa und den Euro wieder auf einen guten Weg bringen und für die Zukunft absichern", sagte der CDU-Politiker weiter.

Die Fehler mit Griechenland seien in der Vergangenheit gemacht worden. Mit ihm als Bundeskanzler hätte Deutschland der Aufnahme Griechenlands in die Eurozone "nicht zugestimmt". Auch hätte Deutschland unter seiner Führung "nicht gegen den Euro-Stabilitätspakt" verstoßen, betonte Kohl.

(apd/csi)
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