Protest vor dem Düsseldorfer Landtag Bürgermeister demonstrieren

Düsseldorf (RP). Vielen Kommunen in Nordrhein-Westfalen steht das Wasser bis zum Hals. Bei einer Protestaktion in Düsseldorf ertönte der Ruf nach einem Entschuldungsfonds. Finanzminister Helmut Linssen zeigt Verständnis.

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Foto: AP

Die Aktion verlief blitzartig. 19 Bürgermeister und Oberbürgermeister aus dem Bergischen Land und dem Rhein-Ruhr-Raum sowie zahlreiche Stadtdirektoren und Kämmerer postierten sich gestern Morgen mit einem Protestbanner vor dem Düsseldorfer Landtag. Mit dieser Demonstration in schneidender Kälte wollten sie auf die desolate Finanzlage ihrer Städte aufmerksam machen.

Doch kaum hatten die Fotografen ihre Bilder gemacht, zog es die Protestler nach drinnen ins Warme. Dort wartete bereits NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU), um mit ihnen die Lage zu diskutieren. Lag es an der vorweihnachtlichen Stimmung oder vielleicht doch eher an der näher rückenden Landtagswahl, dass ein kleines Wunder geschah?

Linssen hat ein Einsehen

Nachdem das Land bisher stets auf seine Großzügigkeit gegenüber den Kommunen verwiesen hat, zeigte der Finanzminister gestern ein Einsehen mit den in Not geratenen Kommunen. "Das Problembewusstsein ist bei der Landesregierung voll da", versicherte er auf einer Pressekonferenz. Die Rathauschefs ­ unter ihnen die Oberbürgermeister Adolf Sauerland (Duisburg/CDU), Reinhard Buchhorn (Leverkusen/CDU) und Norbert Feith (Solingen/CDU) sowie Stadtdirektor Burkhard Mast-Weisz (Remscheid) ­haben konkrete Pläne.

Sie wollen von ihren teuren Kassenkrediten herunterkommen, die sich inzwischen auf nahezu 18 Milliarden Euro summieren. Wuppertal allein hat Kassenkredite in Höhe von 1,4 Milliarden Euro, für die pro Jahr 40 Millionen Euro Zinsen fällig sind. Abhilfe soll ein Entschuldungsfonds schaffen, in dem alle Kassenkredite zusammengefasst würden. Das Land soll nach den Vorstellungen der Kommunen jährlich 800 Millionen Euro für Zinsen und Tilgung beisteuern.

Kommunen-Eigenanteil: unbekannt

Über ihren eigenen Anteil schweigen sich die Kommunen einstweilen aus. Nur so viel: Gegebenenfalls müssten auch die Bürger einen "Entschuldungsbeitrag" leisten, so etwa über eine Erhöhung der Grundsteuer. Auf konkrete Zahlen, zumal auf "Horrorzahlen" (Linssen), wollte sich der Minister zwar nicht einlassen, sah aber doch "erheblichen Gesprächsbedarf".

Im März wollen Bund und Länder über die Finanzausstattung der Kommunen reden, und da werde NRW "Arm in Arm mit den Kommunen die Interessen vertreten", sicherte er zu. "Wir brauchen die Unterstützung des Landes", betonte auch Mülheims Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (SPD). "Wir können nichts mehr versilbern. Wir sind mit dem Kopf unter Wasser", umschrieb der Wuppertaler Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) die Finanzsituation.

In dieser Einschätzung herrscht landesweit eine ganz große kommunale Koalition. Wie geht es nun weiter? Linssen will zunächst die Gespräche in Berlin abwarten. Er weiß, dass die Aufgaben, die der Bund über die Länder an die Kommunen weiterreicht ­ etwa Kosten für Unterkunft und Heizung bei Empfängern von Hartz IV­, vor allem die Städte mit hohem Zuwandereranteil, finanziell strangulieren. Doch wissen das auch alle Politiker in Berlin?

Hans-Willi Körfges, Kommunalexperte der SPD-Landtagsfraktion, glaubt das nicht. Er fordert deswegen ein kommunales Pflichtpraktikum für Mitglieder der Bundesregierung. DGB-Landeschef Guntram Schneider betont: "Wer Hoteliers Steuergeschenke macht, hat auch dafür zu sorgen, dass die Kommunen nicht auf Kosten der Bürger kaputtgespart werden." Schwimmbäder, Theater und Jugendzentren seien wichtig für die Lebensqualität und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Auch für NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) steht fest: "Der Bund darf die Kommunen nicht auf ihren Kosten sitzen lassen."

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