Streit um Hartz IV-Ablösung Grünenvize wirft Union Stimmungsmache zu Bürgergeld vor – Merz will Hartz IV anheben

Berlin · Andreas Audretsch hat der Union vorgeworfen, in der Bürgergeld-Debatte Menschen gegeneinander auszuspielen. Der Fraktionsvize der Grünen kritisiert einen „Wettbewerb der Schäbigkeit“. CDU-Chef Friedrich Merz bewegte sich am Abend ein Stück weit auf die Ampel-Parteien zu. Dobrindt bleibt ablehnend.

Die Regierung will Hartz IV zum Januar 2023 auslaufen lassen und dann das Bürgergeld einführen.

Die Regierung will Hartz IV zum Januar 2023 auslaufen lassen und dann das Bürgergeld einführen.

Foto: dpa/Christin Klose

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch hält der Union im Streit um das geplante Bürgergeld „Schäbigkeit“ vor. „Wir haben als Ampel unseren Gesetzentwurf zum Bürgergeld angepasst, haben auf Kritik reagiert und sind mit ausgestreckter Hand auf die Union zugegangen“, sagte Audretsch den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Die Union reagiert darauf mit weiteren Fake News und einem Wettbewerb der Schäbigkeit.“

Die Union sei sich nicht zu schade, für ihre Kampagne schamlos falsche Zahlen und Grafiken aus AfD-nahen Zeitungen zu kopieren. „Alles mit nur einem Ziel: Menschen, die wenig Geld haben, gegeneinander auszuspielen.“ Die Union müsse sich fragen lassen, „ob sie auf Kosten von Menschen mitten aus unserer Gesellschaft ihre populistische Stimmungsmache verantworten will.“

Die Einführung des Bürgergeldes zum 1. Januar steht noch immer auf der Kippe. Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP haben zwar Änderungen an den ursprünglichen Plänen vorgenommen, doch die Union bleibt bei ihrer Ablehnung.

Am Abend bewegte sich CDU-Chef Friedrich Merz im Streit um das Bürgergeld ein Stück weit auf die Ampel-Parteien zu. Der Unionsfraktionschef sagte in den ARD-„Tagesthemen“, er wolle „ein bisschen die Schärfe aus dieser Diskussion“ herausnehmen. Er werde an diesem Montag dem Parteivorstand der CDU und dem Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vorschlagen, „dass wir der Bundesregierung anbieten, noch in dieser Woche einen verbindlichen Beschluss des Deutschen Bundestages über die Anhebung der Regelsätze zu treffen“. Die Sätze, die für das alte Hartz-IV-System gelten, müssten so schnell wie möglich angehoben werden. Das müsse spätestens zum 1. Januar geschehen.

„Und dann müssen wir uns über diesen Systemwechsel unterhalten, der mit diesem sogenannten Bürgergeld vorgenommen wird“, sagte er weiter. Merz verwies dabei auf die vorgesehenen Schonvermögen und Karenzzeiten, mit denen die Union nicht einverstanden sei.

Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bekräftigte die Absage der Union an das Bürgergeld. Dieses sei „der falsche Ansatz“, weil der „Grundsatz des Forderns und Förderns“ aufgegeben würde, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. Mit den Ampel-Plänen würden trotz zahlreicher offener Stellen Anreize zur Arbeitsaufnahme ausgehebelt. Dies führe dazu, „dass der Leistungsbezug zementiert wird und Demotivation statt Arbeitsaufnahme gefördert wird“.

Das Bürgergeld soll nach den Plänen der Bundesregierung die bisherige Grundsicherung Hartz IV ablösen. Ziel ist es, Betroffene in die Lage zu versetzen, sich stärker auf Weiterbildung und Arbeitssuche konzentrieren zu können. Sie sollen dafür vom Jobcenter weniger unter Druck gesetzt werden. Die Regelsätze der Grundsicherung sollen zudem um rund 50 Euro pro Monat steigen. Unionspolitiker warnen vor Leistungsmissbrauch. Sie bemängeln auch, dass es keine Anreize gibt, wieder eine Arbeit aufzunehmen.

Die Regelsätze der Grundsicherung sollen dabei steigen. So sollen Alleinstehende 502 Euro im Monat erhalten und Jugendliche 420 Euro. Heute erhalten Alleinstehende 449 Euro.

Die Union hatte gedroht, die Einführung des Bürgergelds im Bundesrat zu blockieren, auch mit kürzlich vorgelegten Änderungen der Ampel zeigte sie sich unzufrieden. Sie befürchtet unter anderem Leistungsmissbrauch und die Aufgabe des „Grundsatzes des Forderns und Förderns“.

(juju/dpa/afp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort