China-Reise des Wirtschaftsministers Brüderle begeistert die Kommunisten

Peking/Berlin (RP). Der Bundeswirtschaftsminister und selbst ernannte Ordnungspolitiker Rainer Brüderle konnte auf seiner zweitägigen China-Reise mit Fachkompetenz und Witz die chinesischen Gesprächspartner überzeugen. Konkrete Ergebnisse brachte der Trip nicht. Aber der zuletzt heftig kritisierte Spaßmacher der Bundesregierung machte auch keinen Fehler.

2009: Brüderles beste Sprüche während der China-Reise
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2009: Brüderles beste Sprüche während der China-Reise

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Foto: AP

Am Ende brachten Bier und Heidelberg den Ex-Weinminister Rainer Brüderle und den zweitmächtigsten Mann Chinas, Vize-Premier Wang Qishan, persönlich näher. Qishan kommt aus Tsingtao, jener Provinz, in der nicht nur nach deutschem Reinheitsgebot das chinesische Bier Tsingtao produziert wird. Es soll dort auch aussehen wie im schmucken Heidelberg, erläuterte der Parteifunktionär seinem deutschen Gast.

So plauderten Qishan und Brüderle neben Handelspolitik, Klimagipfel und Währungsspekulationen auch über Bier und Tourismus. Von steifer Atmosphäre keine Spur im Palast nahe der Verbotenen Stadt. "Ein emotionales Verhältnis ist auch in der Politik wichtig", erklärte Brüderle später stolz.

"Einfach draufloserzählt"

Dass der 64-jährige Pfälzer, bekannt für markige Sprüche und exponierte Geselligkeit, für Emotionen in der Politik der Richtige ist, davon konnte sich die knapp 50-köpfige Delegation überzeugen, die den Minister begleitete. Brüderle spulte das straffe Besuchsprogramm routiniert, geradezu unaufgeregt ab. Oft sei er von Redemanuskripten abgewichen und habe "einfach draufloserzählt", berichtet ein mitreisender Bundestagsabgeordneter aus den Gesprächen.

Mit seinem chinesischen Fachkollegen, Handelsminister Deming, vereinbarte Brüderle einen engen telefonischen Austausch und jährliche Besuche. Beim Vize-Premier durfte er eine Stunde länger bleiben als es das Protokoll vorgesehen hatte. Man habe über "alle Themen direkt und offen gesprochen", hieß es. Dass der marktliberale FDP-Politiker bei seinem Antrittsbesuch in dem kommunistischen Land keine Diskussionen über Ordnungs- und Wettbewerbspolitik führen würde, war zu erwarten.

"Thema Menschenrechte angesprochen"

Er habe aber das Thema Menschenrechte angesprochen, betonte Brüderle. Seine Hoffnung: "Je stärker sich China wirtschaftlich öffnet, desto stärker wird es sich auch gesellschaftlich öffnen." Inhaltliche Streitpunkte spielte der Liberale herunter. Dass die Chinesen ziemlich verärgert über die deutsche Unterstützung für die europäischen Schutzzölle sind und das auch deutlich angesprochen haben sollen, wollte Brüderle nicht überbewerten. Konkrete Ergebnisse waren ohnehin nicht Ziel des zweitägigen Kurztrips.

Es ging um eine "sehr wichtige Geste", wie es der mitreisende BASF-Chef und Leiter des Asien-Ausschusses der deutschen Industrie, Jürgen Hambrecht, formulierte. Kurz gesagt: Die Chinesen, erpicht auf die Anerkennung ihrer führenden Rolle durch westliche Staatenlenker, fühlten sich von der Bundesregierung zuletzt etwas vernachlässigt. Seit zweieinhalb Jahren war kein deutscher Wirtschaftsminister mehr in China. Der hochgelobte Vorgänger Brüderles, Karl-Theodor zu Guttenberg, schaffte es nicht nach Peking. Der glücklose Michael Glos hinterließ keinen bleibenden Eindruck. Brüderle hatte freies Spiel.

Hambrecht hatte den Minister schon wenige Tage nach dessen Amtsbeginn zu der China-Reise gedrängt und die Chancen für Industrie und Mittelstand gepriesen. "Der weltweite Aufschwung hängt von China ab", prognostiziert der Konzernchef, der auch einen guten Draht zur Kanzlerin hat. Brüderle nahm die Anregung schnell an. Und der FDP-Minister kennt das Land.

1987 schon einmal in China gewesen

1987 war er das erste Mal vor Ort, damals noch als rheinland-pfälzischer Wirtschafts- und Weinbauminister. "Da haben alle noch blaue Mao-Anzüge getragen", erinnert sich Brüderle. Heute glaubt auch der Marktliberale, dass an China kein Weg vorbeiführt. Eine umfassende Wirtschaftsdelegation, vom BASF-Chef bis zum kleinen mittelständischen Schokohersteller und zwischenzeitlich sogar Siemens-Chef Peter Löscher nahm Brüderle mit nach Peking.

Die Wirtschaft ist durchaus angetan vom neuen Minister. "Er wird in Deutschland unterschätzt", findet etwa Hambrecht. Fachlich ist Brüderle, gelernter Volksiwrt, zweifellos im Thema drin. Über Fertigungstiefen, Doha-Welthandelsrunden und Währungsreserven spricht der Liberale so gekonnt wie sonst nur über pfälzische Weinanbaugebiete.

Für den 64-Jährigen, der elf Jahre in der Opposition auf den Posten gelauert hatte und mit harten Bandagen gegen die rot-grüne und dann die schwarz-rote Regierung wetterte, ist die China-Reise auch eine Bewährungsprobe. In den Wochen nach der Amtsübernahme war Brüderle lediglich mit Kalauern und skurrilen Bemerkungen über den im Rollstuhl sitzenden Kabinettskollegen Schäuble aufgefallen. Führende Medien berichteten bereits abfällig über "Glos II".

Kein Fettnäpfchen getroffen

In China lässt Brüderle Fettnäpfchen indes aus, ohne seine hemdsärmelige Art abzulegen. Auf einer Pressekonferenz spricht Brüderle locker über seine Vergangenheit im Einzelhandelsgeschäft seines Vaters: "Ich kenn die Perspektive hinter dem Tresen — und auch am Tresen." Die Lacher hat er stets auf seiner Seite. Und im Reich der Mitte sei die Beurteilung des deutschen Gastes differenzierter, verbreitet das Umfeld Brüderles fast trotzig. So soll der chinesische Handelsminister Brüderle mit den Worten begrüßt haben: "Ich weiß, sie sind ein kompetenter Politiker."

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