Bürgerschaftswahl in Bremen SPD lässt Fortsetzung von Rot-Grün-Rot zunächst offen

Bremen · Nach der letzten amtlichen Hochrechnung aus der Nacht kann die SPD von Andreas Bovenschulte in Bremen weiter regieren - mit wem ist zunächst unklar. Die Grünen müssen Verluste hinnehmen.

 Andreas Bovenschulte, Spitzenkandidat der SPD in Bremen, spricht nach der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft bei der Wahlparty seiner Partei.

Andreas Bovenschulte, Spitzenkandidat der SPD in Bremen, spricht nach der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft bei der Wahlparty seiner Partei.

Foto: dpa/Sina Schuldt

Die SPD von Bürgermeister Andreas Bovenschulte hat die Bürgerschaftswahl in Bremen klar gewonnen. Vier Jahre nach ihrer Schlappe von 2019 verbesserten die Sozialdemokraten laut der letzten amtlichen Hochrechnung aus der Nacht ihr Ergebnis von vor vier Jahren um 4,9 auf 29,9 Prozent. Zweitstärkste Kraft wurde die CDU mit 25,7 Prozent wie die Landeswahlleitung am frühen Morgen mitteilte. Die mitregierenden Grünen büßten 5,5 Prozent ihres Stimmanteils von 2019 ein und kamen auf 11,7 Prozent der Stimmen. Der dritte Koalitionspartner, die Linkspartei, erreicht 11,2 Prozent. Die rechtspopulistische Regionalpartei Bürger in Wut (BiW) erzielt 9,6 Prozent und zieht erstmals in Fraktionsstärke in die Bürgerschaft ein. Die FDP erreichte 5,2 Prozent der Stimmen.

Diese Hochrechnung auf Basis der ausgezählten Stimmen bis 0.30 Uhr sei repräsentativ und die letzte der Nacht, sagte eine Sprecherin der Landeswahlleitung. Ab 10.30 Uhr werden die Hochrechnungen fortgesetzt. Das vorläufige amtliche Endergebnis soll nach Abschluss der Auszählung am Mittwoch vorliegen.

Bovenschulte regiert Bremen seit 2019 mit Grünen und Linkspartei. Er wollte sich am Wahlabend nicht festlegen, ob er diese Koalition in der traditionellen SPD-Hochburg fortsetzen möchte. Es gehe darum, wie die „Zukunftsaufgaben Bremens und Bremerhavens am besten angegangen werden können“, sagte er. Die SPD werde mit allen demokratischen Parteien sprechen und schauen, „wo es die größten inhaltlichen Überschneidungen“ gebe. Auch mit der CDU werde es Gespräche geben.

„Ich freue mich wahnsinnig über den Erfolg“, sagte der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil. Beim Klimaschutz wolle seine Partei „die Wärmesanierung umsetzen und gleichzeitig auch soziale Gerechtigkeit im Blick behalten“, sagte er mit Blick auf das heftig diskutierte Thema.

Bremen wird seit 1946 von der SPD regiert. Bei der Bürgerschaftswahl 2019 wurde die CDU erstmals stärkste Partei, konnte aber keine Regierung bilden. Möglich wären nun rechnerisch sowohl eine Fortsetzung von Rot-Grün-Rot als auch ein Bündnis von SPD und CDU.

Bremens CDU-Spitzenkandidat Frank Imhoff zeigte sich zu einer Regierungsbeteiligung bereit. „Der Wählerwille zeigt, dass es nicht so weitergehen soll mit Rot-Rot-Grün“, sagte er. „Wir wollen mitregieren.“ Interesse signalisierte er besonders am Bildungsressort.

Die Grüne Spitzenkandidatin Maike Schaefer sprach von einem „enttäuschenden Ergebnis“. Gleichwohl wolle ihre Partei in Bremen aber weiterregieren. Der Grünen-Bundesvorsitzende Omid Nouripour kündigte eine sorgfältige Analyse des Ergebnisses an. Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter führte das schlechte Abschneiden seiner Partei auf Fehler vor Ort zurück - er sieht aber auch mangelnden Rückenwind aus dem Bund. „Das Ergebnis ist enttäuschend. Es ist uns nicht gelungen, über die Kernwählerschaft hinaus groß zu mobilisieren“, sagte er.

Kristina Vogt, Spitzenkandidatin der Linken sprach von einem Erfolg - auch mit Blick auf fehlenden Rückenwind der Bundesebene. Sie signalisierte gleichfalls Bereitschaft zur Fortsetzung der Regierungsbeteiligung.

Der Fraktionschef der FDP im Bundestag, Christian Dürr, ging von einem Einzug in die Bürgerschaft aus. Der Bremer FDP-Spitzenkandidat Thore Schäck zeigte sich selbstkritisch und kündigte eine genaue Wahlanalyse an. FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki sagte, seine Partei müsse in der Berliner Ampel-Koalition „deutlich wahrnehmbarer“ werden. Mit Blick auf die Forderungen der Grünen nach mehr Klimaschutz im Straßenverkehr und beim Heizen sagte er: „Die Menschen können sich auf uns verlassen, dass unsinnige Vorschläge mit den Freien Demokraten keine Mehrheit im Deutschen Bundestag finden werden.“

BIW-Spitzenkandidat Jan Timke führte den Erfolg auf „eine hohe Unzufriedenheit in der Stadt“ zurück. BIW profitierte aber auch davon, dass keine AfD-Wahlliste in Bremen zugelassen wurde. Grund war, dass zwei zerstrittene Parteigruppierungen jeweils eigene Listen eingereicht hatten, was nicht erlaubt ist.

In der Bremer Bürgerschaft sind 87 Sitze zu vergeben. Die SPD käme nach einer Hochrechnung der ARD auf 28 Sitze, die CDU auf 24 Mandate. Die Grünen könnten mit elf Sitzen rechnen, die Linke mit zehn. BIW käme auf neun Mandate, die FDP auf fünf.

Die Ergebnisermittlung im kleinsten deutschen Bundesland dauert relativ lange, weil Wählerinnen und Wähler insgesamt fünf Stimmen haben, die beliebig auf Kandidatinnen und Kandidaten sowie Parteien verteilt werden können. Insgesamt waren in Bremen 463.000 Menschen zur Wahl aufgerufen. Die Wahlbeteiligung lag laut ARD und ZDF bei etwa 57,5 Prozent - nach 64,1 Prozent im Jahr 2019.

(juju/AFP/dpa)
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