Sponsoren ziehen sich zurück Boykottpläne für Wulffs Sommerfest

Berlin · Die anhaltenden Vorwürfe gegen Bundespräsident Christian Wulff untergraben offenbar zunehmend die Autorität des Staatsoberhaupts. Nach den Absagen prominenter Kulturschaffender für den Empfang des Bundespräsidenten zum Filmfest "Berlinale" am Sonntag überlegen Oppositionspolitiker und Unternehmen, das Sommerfest des Bundespräsidenten im Juni zu boykottieren.

Wulffs zweites Sommerfest auf Schloss Bellevue
10 Bilder

Wulffs zweites Sommerfest auf Schloss Bellevue

10 Bilder

"Ich gehe davon aus, dass unsere Führungsriege da nicht erscheint", sagte ein Mitglied des SPD-Vorstands unserer Redaktion. Man könne nicht wochenlang dem Staatsoberhaupt wegen seines Umgangs mit wohlhabenden Unternehmern den Rücktritt nahelegen und dann "beim Präsidenten das Sektglas schwingen". Auch bei Grünen und Linken wird ein Boykott diskutiert.

"Auftritt eher kontraproduktiv"

Bekannt ist, dass mehrere Unternehmen erwägen, dieses Jahr nicht erneut als Sponsor des traditionellen Sommerfestes im Garten von Schloss Bellevue auftreten zu wollen. Nach Informationen unserer Redaktion gehören dazu das Düsseldorfer Telefonunternehmen E-Plus, die Drogeriemarktkette dm, der Luftfahrtkonzern EADS, der Elektronikkonzern Philips und der Autobauer Daimler.

"Ein Auftritt ist dieses Jahr eher kontraproduktiv für unser Image", sagte der Marketingchef eines renommierten Unternehmens, das seit Jahren zu den Sponsoren gehört.

Das Sommerfest mit regelmäßig mehr als 5000 Gästen und internationalen Musikstars ist das größte Sommerfest in Berlin und gilt als gesellschaftlicher Höhepunkt der Festivitäten vor der politischen Sommerpause. Traditionell finanzieren Sponsoren das Fest, zu dem neben verdienten Bürgern und Ehrenamtlern immer auch die Führungspersonen aus Politik und Wirtschaft geladen sind. Die Unternehmen dürfen auf dem Fest allerdings nicht für Produkte oder Dienstleistungen werben, sondern stellen unternehmenseigene soziale und gesellschaftliche Projekte vor.

Bundespräsident Christian Wulff kehrt unterdessen am Mittwoch von seinem dreitägigen Staatsbesuch in Italien zurück nach Berlin. Es war Wulffs erste offizielle Auslandsreise seit Bekanntwerden der Affäre rund um den umstrittenen Hauskredit vor rund zwei Monaten.

In Italien wurde Wulff von Staatspräsident Giorgio Napolitano Wulff im Präsidentenpalast in Rom empfangen. Später traf Wulff auch mit Ministerpräsident Mario Monti zusammen und würdigte die italienischen Reformanstrengungen. In seiner europapolitischen Rede vor Studenten der Elite-Universität Bocconi in Mailand lobte Wulff die Anstrengungen der Südländer in der Schuldenkrise und plädierte für mehr Solidarität in Europa. Immer wieder verfolgten den Präsidenten aber die Vorwürfe aus der Heimat. Nach der Rede an der Universität fragten italienische Studenten Wulff, wie er das allgemeine Misstrauen gegenüber der Politik bewerte. Wulff reagiert ausweichend und spricht von "neuen Beteiligungsformen", die es in der Demokratie geben müsse. Die mitreisenden deutschen Jouanrlisten hatten Wulff schon auf dem Hinflug nach der Affäre gefragt und etwa wissen wollen, ob er nur aus "Angst vor der Mittellosigkeit" nicht zurücktrete. Der Bundespräsident ließ sich nicht auf eine Debatte ein und wehrte ab: "Im Ausland keine Innenpolitik". Zu den Vorwürfen will sich Wulff auch nach seiner Rückkehr zunächst nicht äußern, verlautete aus Delegationskreisen. Bald fliegt Wulff wieder ins Ausland. Ende Februar bereist das Staatsoberhaupt für fast eine Woche mehrere afrikanische Staaten.

(RP/pst/csi/das)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort