Tübinger Oberbürgermeister Grüne wollen Boris Palmer nicht mehr unterstützen

Stuttgart · Die Parteispitze der Grünen entzieht ihrem Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer die Unterstützung. Dieser hatte zuletzt mit seinen Äußerungen zu älteren Corona-Patienten für Empörung gesorgt. Immer mehr Parteimitglieder distanzieren sich von ihm.

  Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen), Oberbürgermeister der Stadt Tübingen.

Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen), Oberbürgermeister der Stadt Tübingen.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Immer mehr Grüne-Politiker distanzieren sich von dem umstrittenen Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer. „Mit seinen zwanghaften Provokationen und seinen polarisierenden Äußerungen schadet Boris Palmer unserer Partei“, erklärten die baden-württembergischen Landeschefs Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand. Sie kündigten an, Palmer bei Kandidaturen um politische Ämter nicht mehr zu unterstützen. Auch der Grünen-Fraktionschef im Tübinger Gemeinderat, Christoph Joachim, will Palmer für die nächste Wahl nicht erneut nominieren.

Palmer trage „mit seinen inszenierten Tabubrüchen und kalkulierten Ausrutschern zu einer Brutalisierung der öffentlichen Debatte bei“, erklärten Detzer und Hildenbrand weiter. Das weitere Vorgehen wollen sie demnach mit dem Bundesvorstand und dem Tübinger Kreisvorstand abstimmen.

„Ich bin ein Freund von Boris Palmer, aber es kann nicht sein, dass er 2022 noch einmal für die Grünen antritt“, sagte auch der Tübinger Grünen-Politiker Joachim dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Ob Palmer dann ohne grüne Unterstützung kandidiere, sei seine Entscheidung, fügte Joachim hinzu. Palmer leiste sich regelmäßig Ausfälle. „Und jetzt grenzt er die Alten aus - das geht nicht.“ Überhaupt sei das Verstehen von Menschen „nicht so sein Ding“. Doch mit einem rein mathematischen Verstand könne man eine Stadt nicht führen.

Palmer war in der vergangenen Woche mit drastischen Äußerungen zu den Corona-Schutzmaßnahmen bei vielen auf scharfen Widerspruch gestoßen. Palmer sagte: „Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären - aufgrund ihres Alters und ihrer Vorerkrankungen.“

Auch die Bundesparteispitze distanzierte sich von Palmer. Parteichef Robert Habeck kündigte in der ARD-Talksendung „Anne Will“ am Sonntagabend an, man werde sich mit der Frage eines Parteiausschlussverfahrens beschäftigen. Er nannte Palmers Äußerung „falsch“ und „herzlos“. Palmer spreche damit nicht für die Partei, versicherte Habeck. Er müsse sagen, „dass meine Geduld wirklich erschöpft ist“, sagte der Parteichef weiter.

(ala/AFP)
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