Angela Merkel & Co. BND-Affäre — wer steckt wie tief drin?

Düsseldorf · Drei Gremien erhoffen sich mehr Klarheit über Spionage im Dienste der USA. Dabei soll auch die Verantwortung sichtbar werden.

Wer hört wen ab - und was man dagegen tun kann
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Wer hört wen ab - und was man dagegen tun kann

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Foto: dpa, Jens Büttner

Die Aufklärung der jüngsten BND-Affäre kommt in eine entscheidende Phase. Es geht um die Frage, ob und wie umfangreich der Bundesnachrichtendienst (BND) der Nationalen Sicherheits-Agentur (NSA) beim Ausspionieren von Deutschlands Freunden in Europa geholfen hat. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) soll dem Kontrollgremium erklären, warum er nicht von Wirtschaftsspionage spricht, obwohl Konzerne auf der Zielliste standen. Generalbundesanwalt Harald Range will mit dem Rechtsausschuss erörtern, ob strafrechtliche Konsequenzen gezogen werden müssen. Und Technik-Spezialisten des BND könnten dem Untersuchungsausschuss erläutern, wie Hunderttausende von Suchkriterien ("Selektoren") übermittelt, eingepflegt, ausgesondert oder erst nachträglich gelöscht wurden. Damit kommt die Politik auch den Fragen nach der politischen Verantwortung näher. Es geht um:

Gerhard Schindler (FDP), BND-Präsident seit 2012: Der eigentliche Akt lief offenbar vor seiner Zeit. Neues hat er sofort ans Kanzleramt gemeldet. Doch für NSA-Suchanfragen zu Rüstungsfirmen, EU-Beamten und Diplomaten scheint er sich kaum interessiert zu haben. Wesentliche Informationen behielten untere Ebenen für sich. Schindler ist gemeint, wenn das Kanzleramt "technische und organisatorische Defizite" kritisiert.

Thomas de Maizière (CDU), Bundesinnenminister und von 2005 bis 2009 Kanzleramtschef, erhielt seit 2008 die Hinweise, dass dem BND schon 2005 das fragwürdige Auskunftbegehren der NSA aufgefallen waren. Er versicherte gleichwohl selbst im vergangenen Monat noch einmal, dass keine Hinweise auf "angebliche Wirtschaftsspionage" vorlägen.

Ronald Pofalla (CDU), Bahn-Generalbevollmächtigter und von 2009 bis 2013 Kanzleramtschef, war in der Verantwortung für die Geheimdienste, als 2010 weitere Hinweise eintrafen und 2013 Edward Snowden die ungeahnte Datensammelwut der NSA in Deutschland enthüllte und dessen Wirken hierzulande Wellen schlug. SPD-Vize Ralf Stegner findet es "befremdlich, dass sich die Aufmerksamkeit auf de Maizière konzentriert, wo es doch ganz offensichtlich Pofalla war, der 2013 die Unwahrheit sagte, als er behauptete, "die deutschen Datenschutzregeln würden eingehalten".

Der BND und seine nun nicht mehr so geheimen Außenstellen
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Der BND und seine nun nicht mehr so geheimen Außenstellen

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Foto: dpa, sja fdt

Peter Altmaier (CDU), seit 2013 Kanzleramtsminister, obliegt die Information des Parlamentes. Er hat zwar oberhalb des Abteilungsleiters für die Geheimdienstkontrolle im Kanzleramt noch einen Geheimdienstkoordinator (Günter Heiß, seit 2010) und auch noch einen Geheimdienstbeauftragten (Klaus-Dieter Fritsche, seit 2013) installiert und somit mindestens eine zusätzliche "Brandmauer" errichtet, doch letztlich leitet er jeden Dienstag die Nachrichtendienstlagen. Bezeichnend: Als BND-Chef Schindler die neue Dimension der Selektoren-Spionage erkannte, eilte er unmittelbar zu Altmaier. Hätte auch er früher nachbohren müssen? Hätte er sich mit der Information des Parlamentarischen Kontrollgremiums weniger als fünf Wochen Zeit lassen sollen?

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Das ist Angela Merkel

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Foto: dpa, Patrick Seeger

Angela Merkel (CDU), Kanzlerin, ist die einzige, die seit 2005 verantwortlich war. Die SPD weist ihr nun auch die Schlüsselrolle für die Aufklärung zu. "Die Bundeskanzlerin muss persönlich dafür sorgen, dass die Liste mit den NSA-Suchkriterien dem Untersuchungsausschuss vorgelegt wird", fordert Parteivize Stegner. Es sei in diesem Fall auch "egal", was der US-Geheimdienst darüber denke, denn der BND und seine Arbeit seien an die Verfassung und die deutschen Gesetze gebunden - "und dafür trägt natürlich die Bundeskanzlerin die politische Verantwortung", unterstrich Stegner. Sie müsse deshalb auch sicherstellen, dass Altmaier, Pofalla und de Maizière vor dem Kontrollgremium für Aufklärung sorgten. Aus diesem Grund hält es die SPD-Spitze zudem für "zu kurz gesprungen", bei personellen Konsequenzen nur an den BND-Präsidenten zu denken. "Entweder, das Kanzleramt wusste nichts und hat als politische Aufsicht versagt, oder es unternahm wider besseres Wissen nichts und hat die Öffentlichkeit getäuscht. Das wäre noch schlimmer", so Stegner.

(may-)
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