BND-Affäre Opposition wirft Kanzleramt Sabotage vor

Berlin · Die Bundesregierung stößt mit ihrem Verhalten in der BND-Affäre zunehmend auf Unverständnis. Die Opposition spricht gar von einer versuchten Sabotage des NSA-Untersuchungsausschusses. Der erhofft sich von der Aussage von BND-Präsident Gehard Schindler neue Erkenntnisse.

 Die BND-Außenstelle Bad Aibling.

Die BND-Außenstelle Bad Aibling.

Foto: dpa, kne wst

Die Bundesregierung ist der Forderung der Opposition nicht nachgekommen, dem NSA-Untersuchungsausschuss bis zur Sitzung am Donnerstag Einblick in die Liste heikler geheimdienstlicher Spionageziele zu gewähren. Der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz warf der Regierung deshalb vor, "unser Aufklärungsverfahren zu sabotieren". Den Antrag von Grünen und Linken, der Bundesregierung eine Erklärungsfrist bis zum 1. Juni zu setzen, lehnte der Ausschuss mit der Mehrheit von Union und SPD ab.

Nach Vorstellung der Opposition hätte das Kanzleramt bis zum Ablauf der Frist schriftlich erklären sollen, ob und unter welchen Umständen es dem Ausschuss Einblick in die so genannte Selektorenliste gewähren wolle. Diese Liste verzeichnet Ziele, die der Bundesnachrichtendienst (BND) im Auftrag des US-Geheimdiensts ausspähte - und damit möglicherweise gegen deutsche Interessen verstieß.

Die Linken-Abgeordnete Martina Renner warf der Regierung Verzögerungstaktik vor: "Wir müssen nun damit rechnen, dass wir noch über Wochen hingehalten werden", kritisierte Renner. Einvernehmlich beschloss der Ausschuss indes die Liste jener Zeugen, die bis zur Sommerpause befragt werden sollen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wurde für den 18. Juni geladen. Die Abgeordneten interessiert dabei besonders, welche Kenntnis de Maizière in seiner früheren Funktion als Kanzleramtsminister von den Einzelheiten der Zusammenarbeit von NSA und BND hatte.

Am späten Nachmittag wollte der Ausschuss BND-Präsident Gerhard Schindler als Zeugen vernehmen. Die Abgeordneten erhofften sich von Schindler Aufschluss über die Frage, ab wann die Behördenleitung darüber informiert war, dass der US-Dienst NSA dem BND Listen mit heiklen Spionagezielen geliefert hat. Auch soll geklärt werden, wann und wie der BND das Bundeskanzleramt über die Vorgänge informierte.

So späht die NSA PCs ohne Internetzugang aus
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Foto: dpa, Jim Lo Scalzo

Zunächst vernahm der Ausschuss den Leiter der BND-Abteilung Technische Aufklärung, Hartmut Pauland. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, warum die BND-Spitze und die Bundesregierung nicht schon 2013 darüber informiert wurden, dass die NSA den BND möglicherweise für Spionage gegen deutsche Interessen einspannte. BND-Mitarbeiter waren bereits vor zwei Jahren zu dem Schluss gekommen, dass manche der von den USA gelieferten Selektoren gegen deutsche Interessen verstoßen könnten. Ein Unterabteilungsleiter hatte in einer früheren Ausschusssitzung ausgesagt, deswegen eine Überprüfung der Selektoren aus den USA in Auftrag gegeben zu haben - und trotz der zahlreichen Funde die BND-Spitze nicht informiert zu haben.

Pauland als Vorgesetzter bestätigte diese Angaben. Der Unterabteilungsleiter hätte "sofort reagieren und weiterleiten müssen", sagte Pauland. Dies sei aber nicht geschehen. Er selbst habe dann erst im März diesen Jahres erfahren, dass es problematische Selektoren gebe.

In einer Aktuellen Stunde des Bundestages erneuerten Linke und Grüne ihre Kritik an dem Koalitionsvorschlag, einen Sonderermittler zur BND-Affäre einzusetzen. "Wir brauchen keinen Sonderermittler", sagte von Notz. Es gehe um die Rechte des Parlaments, "und die sind für uns nicht verhandelbar". Demgegenüber verteidigte die SPD den Vorschlag eines Sonderermittlers. "Wenn wir das machen, muss das nicht der letzte Schritt sein", sagte der SPD-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Christian Flisek.

(AFP)
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