Gewalt-Eskalation zwischen den Lagern BKA befürchtet blutigen Wahlkampf

Berlin · Angesichts rapide sinkender Hemmschwellen muss sich Deutschland auf einen blutigen Wahlkampf einstellen. "Wir rechnen für die kommenden Monate mit einer Zunahme der Konflikte zwischen den Lagern", sagte Jörg Ziercke, Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), bei einem Terror-Symposium des Verfassungsschutzes.

1. Mai 2012 in Solingen: Salafisten attackieren Polizei
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1. Mai 2012 in Solingen: Salafisten attackieren Polizei

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Foto: Kempner, Martin

Rechtsextreme Parteien werden laut Sicherheitsbehörden vor den Landtags- und Bundestagswahlen gezielt Reaktionen von Linksextremisten und Islamisten provozieren.

Die extremistischen Gruppen gingen immer häufiger völlig hemmungslos aufeinander los, berichtete Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

Wenn sich der Verdacht nach den Festnahmen in NRW bestätige, stellten Attentatspläne von Salafisten gegen einen rechtsextremen Funktionär eine neue Dimension der Gewalt dar. Friedrich kündigte in Kürze einen neuen Vorstoß zur schnelleren Abschiebung von Hasspredigern an.

Nach Zierckes Angaben hält die massive extremistische Gewalt gegen Polizisten unvermindert an. 2011 seien mehr als 500 Polizisten verletzt worden; der Trend habe sich im vergangenen Jahr leider fortgesetzt. Wenn Betonplatten auf Beamte und Molotowcocktails in Polizeifahrzeuge geworfen würden, müsse man von Tötungsabsicht ausgehen.

Gegen Einmischungen von Verfassungsrichtern

Nach einer neuen BKA-Studie über Einzeltäter weisen die Wege zur Selbstradikalisierung zwischen den Randgruppen deutlich mehr Gemeinsamkeiten auf als vermutet. Die politische Ideologie oder die Religion spielten nur eine Nebenrolle.

Die persönlichen Umstände seien bestimmend, ganz unabhängig davon, aus welchem Lager die Täter kämen. Geheimdienst-Koordinator Günter Heiß empfahl den Sicherheitsbehörden, gezielter diejenigen anzusprechen, die noch abwartend auf dem "Zaun" säßen, bevor sie ins Lager der gewalttätigen Extremisten sprängen.

In ungewöhnlich scharfer Form verbat sich Friedrich bei dem Symposium Einmischungen von Verfassungsrichtern in die aktuelle Politik. Ohne ihn namentlich zu erwähnen, reagierte Friedrich damit auf ein Interview von Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle.

Nach Friedrichs Eintreten für mehr Video-Überwachung in Deutschland hatte Voßkuhle zu Besonnenheit gemahnt. "Wenn die Verfassungsrichter Politik machen wollen, sollen sie bitte für den Deutschen Bundestag kandidieren", sagte Friedrich.

Der Minister unterstrich, wie schnell die Marathonlauf-Attentäter in Boston durch Videoauswertungen identifiziert werden konnten, während die Bombenleger vom Bonner Hauptbahnhof immer noch unerkannt seien. Boston zeige, dass Video-Überwachung Anschläge verhindern könne: wenn man Täter nämlich nach dem ersten und vor dem zweiten und dritten geplanten Anschlag fasse.

(may-)
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