Gleichwertige Abschlüsse Bildungsministerin Karliczek will Zentralabitur

Berlin · Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hält es für ungerecht, dass die Anforderungen an Abiturienten in den Bundesländern weiter unterschiedlich hoch sind. Denn die Universitäten nehmen die Schulabgänger in der Regel nach Notendurchschnitt an.

 Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sieht in den unterschiedlichen Abituranforderungen in Deutschland ein Gerechtigkeitsproblem.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sieht in den unterschiedlichen Abituranforderungen in Deutschland ein Gerechtigkeitsproblem.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Am Zum Tag der Zeugnisvergabe in NRW hat sich Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) für „einheitliche Standards in den Schulen in allen Bundesländern“ ausgesprochen. Insbesondere hat sie das Abitur im Blick. „Ein Abitur mit länderübergreifend gleichen Prüfungsanforderungen muss in absehbarer Zeit kommen – schon aus Gründen der Gerechtigkeit“, sagte Karliczek unserer Redaktion.

Die CDU-Politikerin verwies darauf, dass für den Hochschulzugang vielfach immer noch die Abiturnote entscheidend sei. „Die Anforderungen an alle Abiturienten müssen in Deutschland vergleichbar sein“, sagte sie. Karliczek forderte die Länder auf, „ihre Bemühungen für eine bessere Vergleichbarkeit bei den Bildungsabschlüssen“ zu verstärken, und begrüßte die von der baden-württembergischen Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) begonnene Debatte, die zuerst ein bundesweites Zentralabi gefordert hatte.

Die Diskussion um die Gleichwertigkeit des Abiturzeugnisses zwischen dem Norden und dem Süden der Republik ist allerdings etwa genauso alt wie der Bildungsföderalismus in Deutschland. Die Kultusminister der Länder reden seit Jahrzehnten darüber. Infolge des Schocks durch die schlechten Ergebnisse bei den Pisa-Studien schufen sie für die Abiturprüfungen einen Aufgabenpool, aus dem sich die Länder seit 2017 für die Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch bedienen können. Allerdings können die Länder selbst entscheiden, wie viele Aufgaben sie entnehmen, sie können sie auch noch verändern und unterschiedlich bewerten.

„Der Aufgabenpool ist gescheitert“, resümierte Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, im Gespräch mit unserer Redaktion. „Er verfährt nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.“ Der Aufgabenpool brauche mehr Verbindlichkeit, forderte der Verbandschef. In seinem eigenen Verband sei das Zentralabitur umstritten, betonte Meidinger. Er warnte aber vor einer Entwertung des Abiturs, wenn nicht bald mehr Verbindlichkeit geschaffen werde. Die Hochschulzulassungen nach Abiturnote seien juristisch anfechtbar, wenn nicht gewährleistet sei, dass für die gleichen Noten auch die gleichen Leistungen erbracht werden müssten. Die Universitäten würden irgendwann eigene Eingangsprüfungen machen, bei denen dann diejenigen im Vorteil seien, die sich gut darstellen könnten.

Die Bundesbildungsministerin hofft, dass über den Nationalen Bildungsrat, der bis Ende des Jahres als beratendes Gremium für die Bildungspolitik von Bund und Ländern eingerichtet werden soll, neue Dynamik in die Debatte kommt. Den Bildungsföderalismus sieht sie durch mehr einheitliche Standards nicht gefährdet. „Wie die Bundesländer die definierten Lehrziele erreichen, das bleibt ihnen überlassen“, sagte Karliczek und appellierte: „Die Länder sollten aber nicht dem Vergleich ausweichen.“

Ein gewichtiges Argument gegen ein Zentralabitur war stets die Befürchtung, dass dadurch das Niveau insgesamt sinken könnte. Dazu forderte Karliczek: „Bundesländer, in denen an den Schulen das durchschnittliche Leistungsniveau nicht erreicht wird, müssen ihre Schüler auf ein höheres Niveau bringen, so schwierig das in manchen Regionen auch sein mag.“

(qua)
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