Kolumne: „Berliner Republik“ Ein eigenes Volk für jeden Politiker

Berlin · Die Politik hat die Biene entdeckt – ihre Fähigkeiten zur Staatsbildung sind einfach bestechend. Die Eigenschaft „systemrelevant“ wird ihr zu Recht zugeschrieben.

 Eine Biene sitzt auf einer blühenden Bienenweide.

Eine Biene sitzt auf einer blühenden Bienenweide.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Der Bundestag hat schon seit Jahren sein eigenes Volk: Auf Initiative von Grünen-Abgeordneten wurden 2016 Bienen am Bundestag angesiedelt. Der damalige Bundestagspräsident Norbert Lammert – bekanntermaßen sehr puristisch veranlagt in Demokratiefragen – wehrte sich zunächst gegen ein Nebenvolk für die Volksvertreter, gab seinen Widerstand aber später auf. Seitdem existiert neben der großen Koalition ein schwarz-gelbes staatsbildendes Völkchen – ausgerechnet von den Grünen begründet. Es bringt sogar Ertrag: Der Honig mit Etikett „Bundestag“ ist beliebt. Und auch wenn man gelegentlich den Eindruck haben kann, der eine oder andere Abgeordnete sei vom Affen gebissen, von einer Biene gestochen wurde bislang noch kein Volksvertreter.

Jedenfalls erfreut sich die Biene in der Politik immer größerer Beliebtheit. Rund 75 Prozent der Lebensmittel hängen von der Bestäubung durch die Biene ab. Ihre  Organisation als Volk ist faszinierend ist und von ihrer ausschließlichen Funktion für den Fortbestand des Gemeinwesens kann sich mancher Politiker noch etwas abschauen. Man denke an Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der die Biene zu lieben begann, als er feststellen musste, dass ein Schwarm von 1,75 Millionen Wählern die Reduzierung von Pestiziden forderte.

Der Einsatz für die Biene gehört inzwischen zum Politiker-Alltag wie der Versuch, aus jeder Schwäche des politischen Gegners Honig zu saugen. „Die Biene ist systemrelevant“ erklärte Agrarministerin Julia Klöckner zum Weltbienentag am Montag. Und Forschungsministerin Anja Karliczek kann zwar auf schnelles Internet an jeder Milchkanne verzichten, auf eigene Bienenvölker legt sie sehr wohl wert: Seit März gibt es zwei am Bonner Dienstsitz des Ministeriums. Mögen sie auch die Bildungspolitik befruchten!

(qua)
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