Marathon-Koalitionsausschuss Beziehungskrise abgewendet, aber Misstrauen bleibt

Meinung | Berlin · Die Ampel-Koalition hat sich auf ein Maßnahmenbündel zur Planungsbeschleunigung im Straßen- und Schienennetz verständigt. Die Art der Debatten wird Narben hinterlassen.

Die Parteichefs der Koalitionsparteien Lars Klingbeil (SPD, r-l) Ricarda Lang (Grüne) und Christian Lindner (FDP) sprechen im Bundestag nach dem Koalitionsausschuss. Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP haben nach dreitägigen Verhandlungen eine Einigung in mehreren Streitfragen erzielt.

Die Parteichefs der Koalitionsparteien Lars Klingbeil (SPD, r-l) Ricarda Lang (Grüne) und Christian Lindner (FDP) sprechen im Bundestag nach dem Koalitionsausschuss. Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP haben nach dreitägigen Verhandlungen eine Einigung in mehreren Streitfragen erzielt.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Sind es nun über dreißig Stunden oder bereits dreitägige Verhandlungen? Irgendwann hörten sie im Kanzleramt auf, die Stunden des Koalitionstreffens zu zählen. „Ein großes Gesamtwerk“ hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Nachmittag angekündigt. Da verhandelte seine Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP noch. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner sagt später, man habe die offenen Enden aus dem Koalitionsvertrag nun geschlossen. Koalitionsgespräche reloaded also? Nein, das würde diesen Beratungen nicht gerecht. Herausgekommen ist ein passables Planungsbeschleunigungskonzept, das jedem der drei Parteien etwas für die eigene Klientel gegeben hat.

Dass man dafür aber so lange brauchte, lässt tiefer blicken. Ja, die Ampel ist mit ihren drei Parteien auch Ausdruck verschiedener Meinungen und Lebenskonzepte, die es zu versöhnen gilt. Ökonomie versus Ökologie, Modernisierung und Bewahrung, Marktwirtschaft oder Staatsdirigismus. Doch am Ende bleibt auch: Da verhandeln ohne Ausnahme Politprofis. Dass man so lange an einem Papier feilt, ist kein Ausdruck von fein ziselierten gesellschaftlichen Debatten. Sondern eines mittlerweile sehr ausgefeilten gegenseitigen Belauerns.

Es war keine „Regierungskrise“, wie Oppositionschef Friedrich Merz suggerieren wollte. Aber Verhandlungen über Nächte und Tage hinweg, werfen auch kein gutes Licht auf die Protagonisten.

Die Ampel hat nach noch nicht einmal anderthalb Jahren ihre erste große Beziehungskrise hinter sich. Und das, obwohl der Winter weniger krisenhaft ausfiel als gedacht. Verschiedene uneinige Machtzentren der Parteien, dazwischen ein Bundeskanzler Olaf Scholz, der seinen Partnern eine Koalition auf Augenhöhe versprochen hatte und deshalb eher moderiert als dirigiert. Doch will diese Koalition dieses Land effektiv führen, wird es ein anderes, stärkeres Führungsgremium geben müssen. „Wenn wir drei Tage zusammen sind, immer solche tiefgreifenden Ergebnisse, die das Land verändern werden, treffen, dann sollten wir zukünftig jeden Monat drei Tage in Klausur gehen“, sagt Lindner noch. Bitte nicht.

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