Chef der deutschen Auslandseinsätze Bundeswehrgeneral fordert bewaffnete Drohnen zum Schutz der Truppe

Potsdam · Erich Pfeffer, der General mit der grauen Mütze der Gebirgsjäger, führt seit sechs Jahren die Einsätze deutscher Soldaten im Ausland. Meist hielt er sich im Hintergrund, wo das operative Geschäft läuft. Bevor für ihn bald der Ruhestand beginnt, findet er mahnende Worte.

 Eine Drohne der französischen Luftwaffe.

Eine Drohne der französischen Luftwaffe.

Foto: AFP/LUDOVIC MARIN

Der scheidende Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, Generalleutnant Erich Pfeffer, hat vor einem Verzicht auf einen Schutz der Truppe durch bewaffnete Drohnen gewarnt. Nur diese seien bei Bedarf ohne Zeitverzug verfügbar, sagte Pfeffer der Deutschen Presse-Agentur. Bei allen anderen Waffensystemen setze sich die Truppe vor Ort höherem Risiko aus. Pfeffer: „Das heißt für mich im Umkehrschluss, wenn die Politik nicht bereit ist, bewaffnete Drohnen zu stellen, dann erhöhen wir automatisch das Risiko für die Truppe.“

Das in Deutschland politisch umstrittene Thema ist in diesen Tagen auch Gegenstand der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP. Zuletzt hatte sich die Union für eine Bewaffnung der künftigen Drohne Heron TP stark gemacht, die SPD aber weiteren Diskussionsbedarf angemeldet. SPD-Verhandler scheinen nun aber kompromissbereiter, um das Thema abzuräumen. Die Grünen wollen den grundsätzlich möglichen Einsatz ethisch flankieren, wie zu hören ist. Eine klare Forderung nach einer Bewaffnung der Drohnen kommt aus der FDP.

„Die Truppe selbst kann im Grunde diese Diskussion nicht verstehen, weil man nicht versteht, warum man sich so schwertut. Wenn man die ablehnenden Argumente um bewaffneten Drohnen konsequent zu Ende denkt, müsste man ja wesentliche Teile der Bewaffnung in den Streitkräften abschaffen“, sagte Pfeffer zu der seit Jahren laufenden Debatte. Er ist seit November 2015 Befehlshaber des Einsatzführungskommandos am Rande von Potsdam und geht in wenigen Wochen in den Ruhestand.

Für Auslandseinsätze der Bundeswehr unter expliziter Bedrohung, wie lange in Afghanistan oder jetzt in Mali, seien drei Elemente „absolut zwingend“, sagte Pfeffer. „Das Erste ist: Aufklärung voraus. Vereinfacht gesprochen muss ich sicherstellen, dass die Truppe weiß, was auf sie zukommt, wenn sie sich im Gelände bewegt.“ Die beste Fähigkeit dafür mit dem geringsten Risiko sei die Aufklärungsdrohne.

„Das Zweite, was ich brauche: Kampfkräftige Unterstützung für den Fall, dass die Truppe im Gefecht unterlegen ist“, forderte der Offizier. Das könne vor allem eintreten, wenn die Truppe überraschend oder ungeplant in ein Gefecht verwickelt werde. „Bei der Dimension der Räume, in denen wir uns bewegen und der Art des Geländes heißt das immer Luftnahunterstützung. Das ist der Kampfhubschrauber oder das Kampfflugzeug oder die bewaffnete Drohne“, sagte Pfeffer. Kampfhubschrauber bräuchten im Regelfall aber 30 Minuten bis zu einer Stunde bis sie vor Ort seien.

Mit Blick auf den Einsatz der Bundeswehr im westafrikanischen Mali - nun der größte und gefährlichste Auftrag im Ausland - sagte er, dass sich die Sicherheitslage dort über die über die letzten zwei, drei Jahre graduell verschlechtert habe, obwohl der Auftrag bestmöglich erfüllt werde. „Die Ursachen sind vielfältig. Die Kernproblematik ist aus meiner Sicht auf der einen Seite, dass die Anstrengungen im ganzen zivilen politischen Bereich mit Blick auf die Umsetzung des Friedensabkommens bei weitem nicht so vorankommen, wie man sich das wünschen würde“, sagte er.

Das andere große Feld sei die Frage, was militärisch für Stabilität erreichbar sei. „Und da muss man klar sagen, die Dimension des Landes ist so groß, dass es unwahrscheinlich ist, eine vollständige militärische Kontrolle über das Land auszuüben“, so Pfeffer. „Man muss sich militärisch auch in Zukunft auf Kernregionen konzentrieren und vor allem die parallelen zivilen Anstrengungen mit Blick auf eine funktionierende Staatlichkeit forcieren, denn die eigentlichen Krisenursachen sind militärisch nicht lösbar.“

Neu ausgerichtet wird gerade der Einsatz deutscher Kampfschwimmer im benachbarten Niger, die dort Spezialkräfte des Landes für den Kampf gegen Islamisten und bewaffnete Banden ausbilden. Dieses zunächst bilaterale Engagement „Gazelle“ wurde Teil der EU-Ausbildungsmission EUTM. Nun sollen die Kampfschwimmer die nigrischen Kräfte auch in den Einsatz begleiten, ohne selbst in Kampfhandlungen einzugreifen.

Nach den in Afghanistan gemachten Erfahrungen sei dies der richtige Ansatz, um den Erfolg von Ausbildung weiter zu überprüfen und die Ausbildung weiter zu forcieren. „Und bei der Operationsbegleitung geht es tatsächlich um die Begleitung in Operationen. Die Trennlinie ist da, wo man selbst Teil des Gefechts wird“, sagte Pfeffer. Die deutschen Soldaten leisteten keinen Beitrag zur Operation, gingen jedoch mit in die vordersten Führungselemente, so dass sie Entscheidungen und das Ergebnis von Einsätzen mitverfolgen könnten. „Der entscheidende Punkt ist: Sie sind nicht aktiver Teil der Operationen. Gleichzeitig verfügen sie in einer Krisenlage über die notwendigen Mittel, sich selbst zu schützen“, sagte Pfeffer.

Er rät, die Ertüchtigung von Streitkräften wie in Westafrika nicht nur auf das Thema Ausbildung oder Beratung zu reduzieren, sondern auch ein Konzept für die Ausstattung zu haben. Diese müsse landestypisch sein und aus den Ländern heraus selbst betrieben und repariert werden können. Pfeffer: „Da kann man aus den bisherigen Erfahrungen eine Menge lernen, auch aus Afghanistan.“

(th/dpa)
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