Plan des Innenministeriums Bevölkerungsschutztag - jeder soll selbst für Katastrophen planen und üben

„Wir haben uns zu lange sicher gefühlt“, sagt die Bundesinnenministerin. Faeser will nicht nur dafür sorgen, dass der Staat mehr Vorkehrungen für Krisen und Katastrophen trifft. Auch die Bevölkerung soll handlungsfähiger werden.

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Foto: picture alliance / photothek/Thomas Trutschel/photothek.de

Damit Deutschland in Krisen und Katastrophenfällen künftig besser dasteht, setzt die Bundesregierung auf mehr Vorsorge - dabei soll auch die Bevölkerung mitziehen. Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Ralph Tiesler, sagte am Mittwoch in Berlin: „Wir alle in Deutschland bereiten uns auf einen harten Winter mit Gas-Mangel und neuer Corona-Welle vor. Ich würde mich freuen, wenn wir alle grundsätzlich überlegen, was wir auch selbst zu Hause tun können – vom Notfallvorrat über den Erste-Hilfe-Kasten bis hin zu alternativen Energiequellen.“

Bessere Vorbereitung, frühere Warnung, effizienteres Handeln und eine gute Krisennachsorge - an diesen vier Leitlinien orientiert sich ein Plan von Bundesinnenministerin Nancy Faeser zur Weiterentwicklung im Bevölkerungsschutz, den die SPD-Politikerin gemeinsam mit Tiesler und dem Präsidenten des Technischen Hilfswerks (THW), Gerd Friedsam, vorstellte. Faeser will den Ländern, die im Katastrophenschutz die Verantwortung tragen, beispielsweise vorschlagen, ab 2023 jedes Jahr einen bundesweiten Bevölkerungsschutztag zu organisieren, „um die Bevölkerung stärker für die Themen Eigenresilienz und Selbstschutz zu sensibilisieren“. Ihr Ministerium wolle den Bürgern „Sicherheit und Handlungsstärke vermitteln, und das, ohne Angst zu verbreiten“.

Tiesler sprach sich dafür aus, Menschen, die in den Krisenstäben der Kommunen Verantwortung tragen, zur Teilnahme an den Aus- und Fortbildungskursen des BBK zu verpflichten. Bislang ist die Teilnahme an den Kursen, die der Bund organisiert, freiwillig. Eine ursprünglich für November geplante Übung von Bund und Ländern mit dem Szenario „Cyberangriff auf das Regierungshandeln“ hat die Innenministerkonferenz allerdings auf das nächste Jahr verschoben - unter Verweis auf die derzeitige Belastung der Verantwortlichen durch der Bewältigung aktueller Krisen.

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Foto: Christoph Reichwein

Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie, der verheerenden Flutkatastrophe vom Juli 2021 und des russischen Angriffs auf die Ukraine hat sich die Haltung der Bevölkerung zu Fragen des Bevölkerungsschutzes zwar verändert, wie Meinungsumfragen zeigen. Mehr als zwei Drittel der Bundesbürger haben jedoch laut einer Umfrage vom vergangenen Mai für mögliche Notfälle bisher weder Vorräte angelegt noch andere Vorbereitungen getroffen.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt, auch die Krisenresilienz der Polizei sei „lückenhaft“. Eingeübte Abläufe sowie autonome, sichere Infrastrukturen seien dabei unabdingbar, sagt der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Dietmar Schilff.

Eingebettet sind Faesers Pläne in eine sogenannte Resilienzstrategie, die das Kabinett am Mittwoch beschlossen hat. Ziel ist es dabei, „Menschen und ihre Existenzgrundlagen zu schützen sowie die Widerstands- und Anpassungsfähigkeit des Gemeinwesens gegenüber Katastrophen zu stärken“.

Dabei sollten auch nicht-staatliche Akteure eingebunden werden, wie etwa die vor allem auf ehrenamtlichem Engagement basierenden Hilfsorganisationen. An der Bewältigung der Folgen der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen vor einem Jahr hatten sich auch zahlreiche Spontanhelfer beteiligt, die keiner Organisation angehören. An der Koordination der Hilfe gab es damals massive Kritik. Der Präsident des Technischen Hilfswerks (THW), Gerd Friedsam, sagte, aus der Flutkatastrophe habe man gelernt: „Was wir brauchen, sind hier vordefinierte Einsatzstrukturen.“

Um Vorkehrungen für den Bevölkerungsschutz im Kriegsfall kümmert sich der Bund. Er kann die Länder und Kommunen im Katastrophenfall auf Anfrage unterstützen. Trotz erkannter Defizite bei der Bewältigung mehrerer Krisen in den vergangenen Jahren gibt es bei den Ländern bislang kaum Bereitschaft, diese Verteilung der Zuständigkeiten infrage zu stellen. Geeinigt haben sich die Innenminister von Bund und Ländern lediglich auf die Schaffung eines Gemeinsamen Kompetenzzentrums beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Hier sollen bundesweite Lagebilder entstehen und im Ernstfall Unterstützungsleistungen organisiert werden. Eine erste Bewährungsprobe könnte dem Zentrum in diesem Winter bevorstehen, falls es tatsächlich zu Engpässen bei der Energie-Versorgung kommen sollte.

Es sei gut, dass Faeser Initiativen aus der zurückliegenden Wahlperiode wie etwa das Gemeinsame Kompetenzzentrum weiterverfolge, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU). Ausreichend sei es aber nicht. Lindholz forderte, Faeser solle mit den Ländern „einen Pakt für den Bevölkerungsschutz schmieden, mit dem sich Bund und Länder zu langfristigen Investitionen verpflichten“. Stattdessen werde die Lükex-Übung zur Erhaltung der Regierungsfähigkeit abgesagt, was sich angesichts der aktuellen Sicherheitslage böse rächen könnte.

(dpa)
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