Berliner Republik Urlaub ist jetzt das falsche Signal für die Ampel-Spitzen
Meinung | Berlin · Die vielfältigen politischen Krisen machen keine Sommerpause. Danach sollte die Regierung handeln. Geschlossenheit statt weiterer Provokationen – das sollten nun die Signale von den Regierungsspitzen sein.
Das Berliner Regierungsviertel ist in diesen Wochen so ruhig wie sonst nur an Weihnachten. Doch die äußerliche Ruhe täuscht. Wer in den Parteien, Fraktionen oder dem Regierungsapparat auf erholsame Wochen bis September gehofft haben sollte, wird in diesem Jahr oftmals enttäuscht sein. Denn die vielfältigen politischen Krisen machen keine Sommerpause. Ob es die immer neuen Eskalationen im Nahen Osten sind, die schlechten Wirtschaftsdaten mit immer neuen Ankündigungen von Stellenstreichungen und Abwanderungen von Konzernen oder der abermalige Haushaltsstreit – die Bundesregierung kommt nicht runter, die Spitzen der Ampelkoalition erst recht nicht. Dabei sind Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) gerade eigentlich im Urlaubsmodus, und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will das noch sein, nachdem er in mehreren Sommerinterviews den Ampel-Zoff um den Etatentwurf für das kommende Jahr weiter angeheizt hat.
Dabei bräuchte es jetzt einmal mehr und dringlicher denn je ein Signal der Geschlossenheit aus der rot-grün-gelben Regierungsspitze. Und auch wenn es übertrieben sein mag, weil die reale Bedrohung kleiner ist als die wahrgenommene: Derzeit wächst die Verunsicherung in der Bevölkerung in Deutschland angesichts all dieser Krisen. Beruhigung statt weiterer Aufregung, Lösungen statt weiterer Probleme, Geschlossenheit statt weiterer Provokationen – das sollten nun die Signale von den Regierungsspitzen sein. Urlaub und Abtauchen verbieten sich da eigentlich.
Das gilt erst recht vor den anstehenden drei Landtagswahlen in Ostdeutschland im Herbst. Der Wahlkampf in Brandenburg, Sachsen und Thüringen ist mit vielen Emotionen aufgeladen, die Stimmung mitunter explosiv, insbesondere beim Thema Migration. Da verwundert es, wie hart die Koalitionspartner miteinander ins Gericht gehen. Jetzt ist die Zeit für Zusammenrücken, nicht für eine weitere Krise.
Unser Autor ist stellvertretender Leiter des Berliner Parlamentsbüros. Er wechselt sich hier mit unserer Bürochefin Kerstin Münstermann und unserem Hauptstadt-Korrespondenten Hagen Strauß sowie der Publizistin Margaret Heckel ab.