Kolumne Berliner Republik Kein Plan für niemand

Berlin · Noch nie zuvor hat sich eine Regierungskrise an einem Plan entzündet, den keiner kannte.

 Angela Merkel und Horst Seehofer im Bundestag (Archivfoto).

Angela Merkel und Horst Seehofer im Bundestag (Archivfoto).

Foto: AP/Markus Schreiber

Innenminister Horst Seehofer wollte seinen Masterplan zur Migrationspolitik eigentlich am Dienstag vor einer Woche vorlegen. Auf den Plan wartet die Öffentlichkeit immer noch. Über die Inhalte, die auch die Abgeordneten der Union nicht kennen, ist dennoch der schlimmste Streit zwischen CDU und CSU seit mehr als 40 Jahren ausgebrochen. Regierungskrise ohne Grundlage.

Bekannterweise hielt Seehofer die Kanzlerin zurück. Sie musste das Papier ausgerechnet im Flieger zum G7-Gipfel nach Kanada studieren, wo US-Präsident Trump die Europäer düpierte. Um so sicherer war sie sich bei der Rückkehr, dass sie die Einheit Europas nun nicht mit der Devise „Bayern first“ riskieren will. Insbesondere der Punkt 63 im Masterplan, dessen exakte Formulierung der Öffentlichkeit weiter vorenthalten wird, stieß bei ihr auf Widerspruch und löste die Regierungskrise aus.

Masterplan von Innenminister Seehofer lässt auf sich warten
Foto: Quadbeck

Wobei alle außer Merkel und Seehofer wie die Blinden von der Farbe sprechen, wenn sie sich in Sachen Zurückweisungen positionieren. Denn was genau in dem Plan steht, wissen bislang offensichtlich weiterhin nur Merkel und Seehofer selbst. Der Rest der Republik muss seit einer Woche rätseln, interpretieren, im Dunkeln tappen.

Immer wieder kamen unterschiedliche Lesarten des Masterplans ins Spiel. Während CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt mehrfach wiederholte, dass nach dem Plan alle bereits in einem anderen EU-Land registrieren Flüchtlinge zurückgewiesen werden sollten, war aus dem Innenministerium zunächst zu hören, es gehe nur um jene, die bereits einmal aus Deutschland ausgewiesen wurden und um jene, die schon in einem anderen EU-Land in ein Asylverfahren aufgenommen wurden. Das wären deutlich weniger Personen. Im Laufe der Woche schwenkte aber auch das Innenministerium und sprach von den in einem anderen EU-Land registrierten Flüchtlingen.

Die Bürger, die überwiegend kopfschüttelnd diese hausgemachte Regierungskrise verfolgen, haben wirklich ein Anrecht darauf zu erfahren, was in dem ominösen Masterplan steht, über den die Regierung zu zerbrechen droht.

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