Kolumne „Berliner Republik“ Ein Hauch von Sommerloch

Wegen Corona ist viel passiert. Die Stimmung, die sonst nur im Sommer im Berliner Regierungsviertel herrscht hat sich 2020 schon im März eingestellt.

  Ein Ausflugsboot mit Touristen fährt auf der Spree durch das Regierungsviertel (Archiv).

Ein Ausflugsboot mit Touristen fährt auf der Spree durch das Regierungsviertel (Archiv).

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Das Coronavirus hat dafür gesorgt, dass schon seit März ein Hauch von Sommerloch über dem Regierungsviertel liegt. Keine Abendempfänge, keine Hinterzimmer-Gespräche, leere Büros. Obwohl in diesen Monaten zwischen Shutdown, Lockerungen und Milliarden Euro an Staatshilfen politisch ungewöhnlich viel passiert ist, war es die ganze Zeit über merkwürdig ruhig. Eine unangenehme Stille in dem sonst so quirligen Berliner Regierungsviertel.

Wie in vielen Bereichen hat auch das Regierungsviertel einen mächtigen Digitalisierungsschub erlebt. Zoom statt Hintergrundgespräch in geschlossenem Hinterzimmer. Minister-Interviews über Webex. Podiumsdiskussionen mit Videoschalte. Da ging deutlich mehr, als man vor der Kontaktsperre für möglich gehalten hätte.

 Eva Quadbeck ist stellvertretende Chefredakteurin der Rheinischen Post und Leiterin des Parlamentsbüros in Berlin.

Eva Quadbeck ist stellvertretende Chefredakteurin der Rheinischen Post und Leiterin des Parlamentsbüros in Berlin.

Foto: grafik

Am Ende aber fehlte der persönliche Kontakt. Die exklusiven Informationen, welche Partei sich strategisch wie ausrichtet, wie welcher Politiker über die Kollegen denkt und welche Gesetze in den nächsten Monaten ins Kabinett sollen, erfährt man zuverlässig immer noch von Angesicht zu Angesicht.

In Video-Konferenzen mochten sich viele Spitzenpolitiker nicht so weit aus dem Fenster lehnen, haben sie doch vor allem untereinander damit schlechte Erfahrungen gemacht. Was beispielsweise in den vielen Ministerpräsidentenkonferenzen mit der Bundeskanzlerin besprochen wurde, ging teilweise in Echtzeit an die Medien. Am Ende waren echte Diskussion unter den Regierungschefs der Länder nicht mehr möglich. Weil ein jeder Angst hatte, hinterher öffentlich als Verlierer dazustehen.

Inzwischen treffen sich die Ministerpräsidenten wieder persönlich, und die alte Vertraulichkeit ist auch wiederhergestellt. Zumindest sieht man, wer mithört.

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