Kolumne Berliner Republik Kampf um den alten "Wesselmann"

Berlin · Von wegen Facebook, Twitter und Web 2.0.-Wahlkampf. Die Parteien setzen auch im Jahr 2013 auf die traditionellen Großplakate. Vor allem die Piraten.

Das ist Peer Steinbrücks Kompetenzteam
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Sie sind aus billigem Holz, 3,70 Meter x 2,90 Meter groß, verschandeln Kreuzungen und Grünflächen und gehören am Ende immer zu dem Gewinner der Bundestagswahl: die "Wesselmänner". So werden die Großplakate in Anlehnung an die Werbeagentur Wesselmann aus Bochum bezeichnet, die seit mehr als 40 Jahren quasi als Monopolist in Deutschland die Wahlplakate produziert.

Der Firmenname ist zum Gattungsbegriff geworden, wie Tempo oder Aspirin. Wie viele "Wesselmänner" bestellt werden, wo sie genau aufgestellt werden, das ist eine der wichtigsten Entscheidungen in den Parteizentralen. Die Partei liefert dem Familienbetrieb das gewünschte Motiv, Wesselmann und ihre bis zu 600 Mitarbeiter in Wahlkampfzeiten stellen die Plakate an den bis zu 20.000 Stellwänden in der Republik auf. Der Betrieb, seit 1961 im Polit-Geschäft, kennt von Hamburg bis Passau wohl so ziemlich jede werberelevante Verkehrsinsel.

Trotz Internet-Werbung, des Booms der sozialen Netzwerke und der Direktkommunikation über massenhafte Mailings gehören die Großplakate auch im Jahr 2013 zum unverwüstlichen Klassiker des Wahlkampfes. "Die Reichweite ist unschlagbar", sagt ein SPD-Wahlkampfmanager. Web 2.0 hin oder her. Frank Stauss, erfolgreicher Chef der Düsseldorfer Werbeagentur Butter und jahrelanger Wahlkampforganisator (unter anderem für den SPD-Wahlkampf "NRW im Herzen" von Hannelore Kraft und Olaf Scholz' Bürgerschaftswahlkampf in Hamburg 2011) hat das in seinem neuen Buch ("Höllenritt Wahlkampf") bestätigt.

Ohne das Großplakat geht es nicht

Zwar müssten Politiker bei Twitter, Facebook und Co. präsent sein. Aber ohne das Großplakat geht es eben nicht. "Wenn selbst Angela Merkel nur auf 221.000 Facebook-Freunde kommt, sind wir weit davon entfernt, ein Volk von über 60 Millionen Wahlberechtigten zu erreichen." Also die Großplakate.

Und wer bekommt den besten Platz an der viel befahrenen Kreuzung? Merkel oder Steinbrück? Ganz einfach: Wer zuerst bucht. Angebot und Nachfrage bestimmen die Lage. Im Zweifel müssen die "Wesselmann"-Mitarbeiter vor Ort zwischen den Parteien vermitteln. Geregelt ist nur, dass die Plakate erst sechs Wochen vor der Wahl aufgestellt werden dürfen. 500 Euro planen die Parteien pro Aufsteller ein.

"Jeder Wähler kennt am Wahltag mindestens ein Motiv", sagt ein CDU-Wahlstratege. "Wesselmann funktioniert." Das gilt sogar für die Piraten. Von 400.000 Euro für den Wahlkampfetat sollen 300.000 in klassische Plakatwerbung gehen. Internetpartei?

(brö)
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