Berliner Republik Horst Seehofer: Kanzlermacher oder Kanzler?

Wer wird Bundeskanzler nach Angela Merkel? Diese Frage darf nun mehr denn je der mächtige CSU-Chef aus Bayern beantworten. Wenn er es nicht 2017 einfach selbst macht.

So schnell kann es gehen. Gestern noch Teilzeit-Populist, hämisch wegen seiner Positionswechsel als "Drehofer" oder "Crazy Horst" beschimpft. Heute der "Allmächtige" oder schlichter: "Seehofer Superstar".

Horst Seehofer ist nach dem Kantersieg seiner CSU der mächtigste männliche Konservative im Land. Merkel und Er, sonst nix. Der Mann, der 2004 im Streit um die "Kopfpauschale" gegen die damalige Fraktionschefin verlor, als Vize zurücktrat und sich als "politisch tot" bezeichnete, kann heute derselben Angela Merkel quicklebendig die Agenda diktieren. Sollte die CSU bei der Bundestagswahl 45 Prozent oder mehr für die Union beisteuern und ihre Kanzlerschaft retten, kann sich die CDU-Geschäftsstelle schon mal die weiß-blaue Kladde für den Koalitionsvertrag aussuchen. Pkw-Maut, Regionalisierung der Erbschaftsteuer, Volksentscheide. Und vielleicht den vierten CSU-Minister. In der CDU-Bundeszentrale stieg am Sonntag mit dem CSU-Balken auf der Mattscheibe bei manchen auch der Blutdruck. Der Horst noch mächtiger? Da legst die nida!

Was die CDU-Garde umtreibt, ist Seehofers Vetomacht in der Kanzlerfrage. Wer nach Merkel kommt, sei es 2013, 2015 oder 2017, beantwortet der Mann aus München. Für Ursula von der Leyen, die selbstbewusste Arbeitsministerin, die so leidenschaftlich eigene Ambitionen dementiert, ist das eine schlechte Nachricht. Seehofer hält sie für "völlig überbewertet", wie er in kleiner Runde kundtat. Ähnliches galt übrigens für Norbert Röttgen, dessen intellektueller Duktus dem hemdsärmeligen CSU-Politiker zuwider war. Aber wer wäre nach Seehofers Geschmack? Nicht viele. David McAllister heißt einer. Der in Niedersachsen abgewählte Halbschotte ist Seehofers Lieblingschristdemokrat. Aber angeschlagen und wohl zunächst in Europa unterwegs. Thomas de Maizière, der Verteidigungsminister mit dem Drohnen-Problem, wäre Seehofers zweite Wahl. Aber eben nur das. Julia Klöckner, die jüngst ins Gespräch gebrachte Rheinland-Pfälzerin, hält Seehofer für (zu) leichtgewichtig.

Der CSU-Chef rechnet damit, dass Hannelore Kraft 2017 für die SPD antritt. Dann, so seine Lesart, habe nur ein männlicher Konservativer mit Ecken und Kanten eine Chance. Vielleicht heißt die Lösung für Seehofer daher Seehofer. Ein CSU-Mann muss Kanzler werden, diese Botschaft könnte ihm gefallen. Gesundheitlich ist er elf Jahre nach seiner Herz-Muskel-Operation angeschlagen. Zutrauen würde er sich das Kanzleramt aber. 2017 wäre Seehofer 67 Jahre alt. So alt wie Peer Steinbrück heute.

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(RP)
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