Streit um Hamburger Hafen Eine Falle für Scholz

Meinung · Die chinesische Reederei Cosco will einen Anteil am Hamburger Containerterminal Tollerort übernehmen. Viele Politiker sind dagegen - sie wollen eine stärkere Abhängigkeit von China verhindern. Bundeskanzler Scholz kann das Geschäft noch untersagen. Warum der Streit zur Falle für ihn geworden ist.

Ein Containerschiff der China Ocean Shipping Company (COSCO) wird am Containerterminal Tollerort der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) entladen (Archivfoto).

Ein Containerschiff der China Ocean Shipping Company (COSCO) wird am Containerterminal Tollerort der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) entladen (Archivfoto).

Foto: dpa/Christian Charisius

Selten ist das Thema kritische Infra­struktur in Deutschland emotional so aufgeladen wie derzeit mit dem Hamburger Hafen. Das Tor zur Welt ist Touristenmagnet, romantischer Sehnsuchtsort und zugleich ein wirtschaftlich hart umkämpftes Juwel. Das Ein- und Auslaufen der dicken Pötte ist Pulsgeber der deutschen Industrie, das Geschäft mit den Containern sein zentraler Bestandteil. Und jetzt soll ausgerechnet Olaf Scholz (SPD), der lange Hamburgs Erster Bürgermeister war, als Bundeskanzler darüber entscheiden, ob die chinesische Reederei Cosco sich mit 35 Prozent an der Betreibergesellschaft des Container-Terminals Toller­ort beteiligen darf. Die finanzstarken Chinesen locken mit einer noch stärkeren Stellung des Hafens, sollte der Deal zustande kommen. Wenn aber nicht, dann eben nicht. Der Druck könnte weiter aufgebaut und zu wirtschaftlicher Erpressung werden. Vielleicht ist das ja nur der Anfang für den Zukauf weiterer Anteile, auch bei anderen Hafenbereichen.

Die Abhängigkeit von China ist bereits riesig. Der zunehmend autoritär geführten Weltmacht genügt das aber nicht; Machtansprüche über die Grenzen hinweg sind klar formuliert. Scholz hat nun bis 31. Oktober Zeit für ein Veto. Nutzt er das nicht, darf der Deal vollzogen werden. Und bislang lässt der Kanzler keine Ablehnung erkennen. Dabei sind die zuständigen Ministerien gegen den chinesischen Einstieg, wie es heißt. Der Streit ist zur Falle geworden für Scholz. Kurz nach seinem Atom-Machtwort gerät er wieder in die Defensive, und CDU und CSU kosten das genüsslich aus. Sie wollen noch in dieser Woche Sondersitzungen der Bundestagsausschüsse für Wirtschaft und Auswärtiges durchsetzen. Am Mittwoch könnte das Kabinett ein Veto beschließen. Ort für Debatten sind die Sitzungen aber üblicherweise nicht. Lässt das Kabinett den Deal durch, könnte der Streit im Parlament eskalieren – und das rund eine Woche vor einer China-Reise des Kanzlers mit riesiger Wirtschaftsdelegation. Keine leichte Entscheidung.

Unser Autor ist stellvertretender Leiter des Berliner Parlamentsbüros. Er wechselt sich hier mit unserer Bürochefin Kerstin Münstermann und unserem Hauptstadt-Korrespondenten Hagen Strauß sowie der Publizistin Margaret Heckel ab.

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