Kolumne: Berliner Republik Die Linke stellt sich neu auf und bleibt beim Alten

Rot-Rot-Grün wird auf absehbare Zeit ein Modell für ein ostdeutsches Bundesland bleiben. Die neue Fraktionsführung wird sich vor allem mit sich selbst beschäftigen.

Gregor Gysi war einst ausgezogen, alle bürgerlichen Parteien im Land das Fürchten zu lehren. Ihm gelang es, den SPD-Abtrünnigen Oskar Lafontaine auf seine Seite zu ziehen und eine bundesdeutsche Linke zu schmieden. Bei den beiden Parteiteilen wuchs aber nie zusammen, was offensichtlich nie zusammengehörte.

Die neue Fraktionsführung der Linken, der Reformer Dietmar Bartsch und die Fundamentalistin Sahra Wagenknecht, könnten die weiterhin tiefe Spaltung der Partei nicht eindrücklicher symbolisieren. Bartsch, dem seine Partei gelegentlich schon übel mitspielte und umgekehrt, bekam bereits mehr als einmal das Angebot, in die Sozialdemokratie einzutreten. Bei der SPD spricht man auch besser über ihn als bei der Linken. Würden die Linken ticken wie Bartsch, wahrscheinlich hätten wir schon Rot-Rot-Grün. Bei den Linken auf Bundesebene setzt sich aber stets die Wagenknecht-Linie durch mit einer radikalen Haltung gegen Bundeswehr-Einsätze und Euro-Rettung, die am Ende jede Verantwortung in der Welt ablehnt.

Die Parteiführung aus Katja Kipping und Bernd Riexinger hatte versucht, diese tiefe Kluft in der Partei zuzukleistern und die Linke vorsichtig für ein rot-rot-grünes Bündnis zu öffnen. Wollte die Linke tatsächlich auf diesen Kurs einschwenken, hätte es an der Fraktionsspitze nun einer Figur bedurft, wie es einst Joschka Fischer für die Grünen war: Einer, der die Partei vom radikalen Pazifismus löst und sie damit befriedet. Gysi war für diese Rolle zu alt und zu müde geworden. Sahra Wagenknecht hat für eine solche Rolle das Format und hinreichend mediale Beachtung, es liegt ihr inhaltlich aber völlig fern, sie einzunehmen. Bei den Linken bräuchte es noch mehr zur Regierungsfähigkeit als damals bei den Grünen: Die Linke müsste sich endlich schonungslos der eigenen Vergangenheit stellen und sich in jeder Form von der alten SED lossagen. Das ist trotz mehrfacher Umbenennung der Partei nie geschehen.

Weil man selbst festgefahren ist, stellt die Linke nun ihre Solidarität mit den Genossen in Griechenland in den Mittelpunkt. Fürs Wochenende sind bundesweit Solidaritätskundgebungen geplant. Tsipras und Co. haben eine Art Heldenstatus bei den Linken in Deutschland. Dass Tsipras mit einem Links-Rechts-Bündnis regiert und einen scharf nationalistisch gesinnten Verteidigungsminister hat, darüber sehen die Linken großzügig hinweg. Das offenbart einmal mehr ein merkwürdiges Demokratieverständnis.

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(RP)
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