Kolumne: Berliner Republik Die chemische Zusammensetzung der Politik

Berlin · Am Anfang aller Allianzen, Verträge und internationalen Projekte steht immer der persönliche Zugang der Verantwortlichen zueinander. Deswegen machen Treffen wie G 7, G 20 oder auch die Münchner Sicherheitskonferenz vom Wochenende durchaus Sinn.

Kolumne: Berliner Republik: Die chemische Zusammensetzung der Politik
Foto: Quadbeck

Zwischen Regierungschefs läuft es wie im richtigen Leben: Wenn die persönliche Chemie nicht stimmt, funktioniert auch die Kommunikation nur schleppend, ist Missverständnissen und Misstrauen unterworfen. Aus diesem Grund sind die so viel kritisierten großen internationalen Treffen wie G 7, G 20 oder auch die Münchner Sicherheitskonferenz vom Wochenende sinnvoll. Die Staats- und Regierungschefs, die Fachminister und Stabsleute begegnen sich auf Augenhöhe.

Seit München sagt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zum amerikanischen Verteidigungsminister James Mattis "Jim". So nennen ihn auch seine Vertrauten. Im Gegenzug nennt er sie mit rollendem "R" und scharf gesprochenen "S" Ursula. Das heißt natürlich nicht, dass die beiden jetzt gemeinsam durch dick und dünn der transatlantischen Beziehungen gehen. Sie haben aber eine funktionierende Gesprächsebene miteinander gefunden. Dass von der Leyen druckreif Englisch spricht, wird dabei sicher eine Hilfe gewesen sein.

Zu Beginn der Amtszeit von Barack Obama fremdelten der amerikanische Präsident und die deutsche Kanzlerin erheblich miteinander. Angela Merkel ging der weltweite Obama-Hype auf den Keks. Er konnte die verschlossen wirkende Deutsche nicht einschätzen.

Leute, die beide kannten, prophezeiten schon zu Beginn, dass sich dies ändern werde, da sich die beiden eigentlich ähnlich seien. Sie würden gleich ticken, hieß es. Und tatsächlich stimmte am Ende die Chemie zwischen Merkel und Obama. In acht Jahren haben sie sich so schätzen gelernt, dass er sich zum Abschied als Merkel-Fan outete. Dass es zwischen Donald Trump und Merkel eines Tages so weit kommt, kann man sich nicht vorstellen. Sie wird es - anders als die britische Premierministerin Theresa May - sicherlich auch sorgsam vermeiden, mit dem US-Präsidenten Händchen zu halten.

In der deutschen Politik gilt das vertrauliche Du in der Regel als Beweis dafür, dass es auf der persönlichen Ebene stimmt. Allerdings duzen sich traditionell Sozialdemokraten, Grüne und Linke untereinander - auch wenn man die politischen Freunde nicht mag. Interessant sind daher die Du-Allianzen über Parteigrenzen hinweg. Der künftige Bundespräsident und frühere Außenminister Frank-Walter Steinmeier weiß um die Bedeutung der persönlichen Verbindung. Er duzt gleich neun Kollegen im Kabinett, unter anderem Verteidigungsministerin von der Leyen, mit der er als Außenminister auch immer Rivalitäten hatte.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(qua)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort