Berliner Republik Allianz gegen Europa

Düsseldorf · Erdogan, Putin, bald vielleicht Trump – da zeichnet sich eine gefährliche Dreifaltigkeit ab, mehr als eine skurrile Freundschaft: ein Club der Demokratie-Verächter.

Berliner Republik: Allianz gegen Europa
Foto: Schwennicke

Erdogan, Putin, bald vielleicht Trump — da zeichnet sich eine gefährliche Dreifaltigkeit ab, mehr als eine skurrile Freundschaft: ein Club der Demokratie-Verächter.

Am Wochenende haben bis zu 40.000 türkische Mitbürger die Vorzüge einer freiheitlichen Demokratie genutzt, um für eine Autokratie und deren Führer zu demonstrieren. Das ist einigermaßen dialektisch und seit jeher Wesenskern dieser westlichen Staatsform: so etwas auszuhalten, zuzulassen. Diese Asymmetrie im Umgang mit ihren Gegnern macht seit jeher ihre Stärke und Größe aus. Eine Größe, die sie über andere Staatsformen erhaben macht.

Von Europa aus machte diese Staatsform Karriere, über ein Jahrtausend hinweg. Diese Staatsform und die mit ihr einhergehende Wirtschaftsform erwiesen sich dem Konkurrenzmodell des Kommunismus als überlegen. Sie wurden zu einem Exportartikel, zu einem angestrebten Zustand. Doch die globale Erfolgsgeschichte der Demokratie ist schon seit Längerem ins Stocken geraten. China und Russland sind für vordemokratische Regionen wie weite Teile Afrikas inzwischen nicht minder interessante Vorbilder, weil sie der Demokratie in der globalisierten Welt überlegen scheinen.

Nun kommt ein neues Phänomen hinzu: Die Demokratie gerät auch dort ins Hintertreffen, wo sie zu Hause ist oder sich mühsam etabliert hat. Sinnbild dafür ist einerseits eine Türkei, die sich gerade in rasendem Tempo in eine Diktatur namens Erdoganistan verwandelt und für die die Demonstranten in Köln ihr demokratisches Recht der freien und öffentlichen Meinungsäußerung in Anspruch nahmen. Sinnbild dafür sind aber auch die USA, in denen es im Bereich des Vorstellbaren liegt, dass Donald Trump im November Präsident wird.

Eine gefährliche Dreifaltigkeit zeichnet sich daher ab, wenn sich nun Recep Tayyip Erdogan, Russlands Präsident Wladimir Putin und Trump wechselseitig ihrer Wertschätzung versichern. In dieser Wertschätzung des jeweils anderen liegt zugleich die Verachtung der westlichen Demokratie.

Die Verachtung ist so groß, dass Putin Erdogan blitzschnell sogar den abgeschossenen Kampfjet an der syrisch-türkischen Grenze verzieh, Trump schon ankündigt, Lettland oder überhaupt das Baltikum im Stich zu lassen, falls es sich russischer Aggression ausgesetzt sähe, und Putin in Trump einen Mann für talentiert und intelligent erklärt, den er noch nie in seinem Leben getroffen hat. Was sich hier formt, ist nicht nur eine skurrile Männerfreundschaft. Was sich hier formt, ist eine Allianz gegen Europa. Seine Stärke, seine Werte. Seine in Jahrtausenden herausgebildete Staatsform, die Churchill einmal die beste unter allen schlechten nannte.

Christoph Schwennicke ist Chefredakteur des "Cicero" und schreibt an dieser Stelle im Rahmen einer Kooperation. Ihre Meinung? Schreiben Sie dem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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