Berliner Wahlwiederholung Die ersten Stimmzettel trudeln im Wahllokal ein
Berlin · Am 12. Februar wird in Berlin die pannenreiche Wahl zum Abgeordnetenhaus wiederholt. Die Briefwahlen laufen bereits auf Hochtouren. Die Erwartungen an einen reibungslosen Ablauf sind hoch, die Anspannung ist groß. Wird dieses Mal alles gut gehen? Blick hinter die Kulissen in einem Wahllokal in Friedrichshain-Kreuzberg.
Der Wachdienst wirft einen prüfenden Blick in Raum 3102. „Hier ist noch frei“, ruft er und weist in das Zimmer im Rathaus Friedrichshain. Nebenan klebt ein gelber Zettel an der Tür. „Briefwahlstelle Raum 1“ steht darauf geschrieben. Der Raum, in dem für gewöhnlich Beratungen stattfinden, wurde für die nächsten Wochen zum Briefwahllokal umfunktioniert. Denn am 12. Februar entscheiden die Berliner erneut über die Mitglieder des Abgeordnetenhauses und die Vertreter ihrer Bezirke, nachdem die letzte Wahl im September 2021 aufgrund zahlreicher Pannen vom Berliner Verfassungsgerichtshof für ungültig erklärt wurde. Die ersten Briefwähler haben ihre Stimmzettel jedoch schon ausgefüllt und eingeschickt.
Im Rathaus Friedrichshain laufen die Vorbereitungen jetzt auf Hochtouren. Seit dem 2. Januar heißt es in den Räumen des dort ansässigen Wahlamtes für den östlichen Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg: Zum Hier-Wählen oder Mitnehmen? In der Briefwahlstelle können die Wahlberechtigten ihre Unterlagen beantragen und mitnehmen oder gleich in einer der sieben Wahlkabinen vor Ort ihr Kreuz machen. Anschließend wird der ausgefüllte Stimmzettel im blauen Stimmzettelumschlag mit dem unterschriebenen Wahlschein in den roten Wahlbriefumschlag gelegt – wie bei der herkömmlichen Briefwahl. Anstatt diesen jedoch mit der Post zu verschicken, kann er direkt in der Wahlurne vor Ort eingeworfen werden. Die Nachfrage ist groß.
Bei Unklarheiten oder Fragen helfen Wahlhelfer wie Atila Gabriel. Er ist einer von insgesamt über 5000 Menschen, die sich als Wahlhelfer gemeldet haben. Zu seinen Aufgaben zählt unter anderem die Bearbeitung der Wahlscheine. Und er hat schon jetzt einiges tun: „Wir waren überrascht, dass in den ersten Wochen bereits so viele Wähler gekommen sind“, sagt er.
Es herrscht ein durchgehender Strom an Menschen, die kommen und gehen. Darunter auch Michael Ziegler. „Ich bin am 12. Februar nicht in Berlin und da ich sowieso im Bezirksamt war, habe ich die Gelegenheit genutzt und gleich gewählt“, sagt der Mann aus Friedrichshain. Wie es zu so vielen Pannen bei der vergangenen Wahl kommen konnte, könne er sich nicht erklären. Doch mit Blick auf die aktuellen Vorbereitungen ist er optimistisch, was die Wiederholung angeht. „Wenn das so läuft wie hier, dann wird es eine ordentliche Wahl“, so Ziegler.
Genau das liegt in der Verantwortung von Rolfdieter Bohm. Es ist seine Aufgabe als Bezirkswahlleiter, für eine fehlerfreie Wahl in Friedrichhain-Kreuzberg zu sorgen. Keine leichte Aufgabe, denn eine Wahlorganisation „ist unglaublich komplex“, wie der ehemalige Staatsanwalt und Richter selbst sagt. Es sei nicht damit getan, eine Wahlurne, ein paar Tische und Wahlkabinen in einen Raum zu stellen. Allein die Suche, Schulung und Einteilung der Wahlhelfer erfordere Ressourcen und Zeit. Doch genau das fehlt Bohm dieses Mal: Vorbereitungszeit. Üblicherweise hat er ein Jahr dafür zur Verfügung – jetzt sind es gerade einmal drei Monate. Wird es trotzdem ohne Pannen gehen? Die Anspannung ist groß, wegen der Fehler beim letzten Mal wird nun die gesamte Bundesrepublik auf die Wahlwiederholung in der Hauptstadt schauen.
Trotz des knappen Zeitplans ist Bohm zuversichtlich, dass die Helferinnen und Helfer gut auf den 12. Februar vorbereitet sind. Denn einen wichtigen Punkt kann der Wahlleiter bereits von seiner Liste streichen: die Stimmzettel. „Wir haben schon jetzt alle Stimmzettel, sodass genug Zeit bleibt, um diese zu prüfen“, so Bohm. Das sei beim letzten Mal anders gewesen. Die Pakete kamen spät an, es blieb kaum Zeit für Kontrollen, Fehler blieben teils unbemerkt. Und auch in Bezug auf die Menge wurden Vorkehrungen getroffen: Mehr Wahlkabinen und ein Überschuss von 40 Prozent an Stimmzetteln sollen dafür sorgen, dass es nicht erneut zu einer Panne kommt. „Dass uns die Stimmzettel ausgehen, ist so gut wie ausgeschlossen“, sagt der Bezirkswahlleiter.
Natürlich könnten trotzdem Fehler passieren und sind es auch schon. So wurde in den Briefwahlunterlagen teils eine falsche Telefonnummer angegeben. Doch Bohm ist sich sicher: Völlig fehlerfreie Wahlen gibt es nicht. Entscheidend sei die Frage, welches Gewicht und welche Auswirkungen solche Pannen haben. Im Falle der falschen Telefonnummer wurde eine Umleitung eingerichtet, um das Problem zu beheben. Bohm ist nun vorsichtig optimistisch.
Die Briefwahl vor Ort ist im Bezirkswahlamt Friedrichshain-Kreuzberg noch bis zum 10. Februar, 18 Uhr, möglich. Dann starten im Briefwahllokal schon die Vorbereitungen zur nächsten Abstimmung: einen Volksentscheid zum Zeitplan für Klimaneutralität in der Hauptstadt. Bei der Pannenwahl gab es zeitgleich auch einen, jetzt wird der neue Volksentscheid berlinweit erst sechs Wochen später stattfinden – um Fehler zu vermeiden.