Rentenpolitik Eine teure Erkenntnis

Meinung | Berlin · Wenige Politikfelder sind so ideologisch vermint wie die Rentenpolitik. Millionen Ältere arbeiten. Die Politik sollte dieser Realität Rechnung tragen.

Symbolbild.

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Foto: dpa/Marijan Murat

Diese Erkenntnis ist teuer, sehr teuer sogar. Der Preis lässt sich präzise berechnen und liegt bei 640 Millionen Euro. So viel kosten die Doppelzahlungen des Energiegeldes an Menschen in ihrem meist siebten Lebensjahrzehnt, die nicht nur im Ruhestand sind, sondern auch arbeiten. So erhalten sie – völlig legal – zweimal die jeweils 300 Euro.

Wenige Politikfelder sind so ideologisch vermint wie die Rentenpolitik. Zwar bekommen wir täglich im Schnitt fünf Stunden zusätzliche Lebenserwartung geschenkt. Entsprechende Anpassungen des Rentenzugangsalters gelten allerdings 95 von 100 Politikern in Berlin als direkter Weg ins eigene politische Harakiri.

Und nun das: 2,05 Millionen Männer und Frauen in Deutschland sind in Rente – und arbeiten trotzdem weiter. 1,15 Millionen im Minijob, 900.000 voll sozialversicherungsbeschäftigt. Da die meisten davon in der Altersgruppe zwischen 63 und 70 Jahren sind, ist das also gut jeder vierte der 8,3 Millionen Menschen in diesem Alterssegment.

Brauchen die alle das Geld? Ist Arbeit für Menschen vielleicht doch nicht Fron und Last, von der die Politik sie schnellstmöglich befreien muss? Fehlen den Ruheständlern die Kollegen, der Klatsch und Tratsch, die Wertschätzung der Arbeit?

Angesichts des demografischen Wandels ist es unabdingbar, das Verhältnis zwischen Arbeit und Ruhestand weiter zu flexibilisieren und neu zu überdenken. Optimal wäre eine Anlehnung an Nordeuropa, wo die Menschen meist ab dem 60. Geburtstag Arbeit und (Teil-)Rente selbst so mischen können, wie es in ihrer jeweiligen Lebenssituation passt. Wie die neuen Zahlen zum Energiegeld zeigen, sind die Deutschen längst auf dem Weg. Höchste Zeit, dass sich das in den Parlamenten und Ministerien herumspricht.

Unsere Autorin ist Publizistin in Berlin. Sie wechselt sich mit unserer Bürochefin Kerstin Münstermann und unseren beiden Hauptstadt-Korrespondenten Jan Drebes und Hagen Strauß ab.

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