Abschiebungen aus Deutschland Union fordert Umsetzung der „Rückführungsoffensive“
Berlin · Angesichts der Überlastung von Kommunen bei der Aufnahme von Geflüchteten hat der Bundestag in dieser Woche über Abschiebehürden und Ausreisepflichten diskutiert. Schon lange gibt es Schwierigkeiten bei der Rückführung, auch wenn es um Straftäter geht. Wie die Union Rückführungen erleichtern will.
Der Koalitionsvertrag kommt etwas nebulös daher: „Nicht jeder Mensch, der zu uns kommt, kann bleiben.“ So haben es die Ampel-Parteien festgehalten. Sie kündigten vor mehr als einem Jahr zum Regierungsstart eine Rückführungsoffensive an, um Ausreisen konsequenter umzusetzen – insbesondere die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern. Jene Offensive vermisst die Union aber angesichts der zunehmenden Überlastung von Kommunen bei der Aufnahme von Geflüchteten. Deshalb hat die CDU/CSU-Fraktion die Bundesregierung dazu aufgefordert, die Ausreisepflicht abgelehnter Asylbewerber stärker durchzusetzen. Ihr Antrag mit 16 Maßnahmen zur Beseitigung von Abschiebehürden wurde in dieser Woche kontrovers im Bundestag diskutiert. Schwierigkeiten bei der Rückführung sind jedoch nicht neu.
Insgesamt hätten im vergangenen Jahr mehr als 36.000 Abschiebungen stattfinden sollen – vollzogen wurden jedoch nur circa 12.900. Rund zweit Drittel der Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern aus Deutschland sind demnach laut Bundesregierung gescheitert. Gründe waren unter anderem geplatzte Flüge oder die Abwesenheit der betroffenen Menschen am Ausreisetag – allein 22.408 Abschiebungen seien schon vor Übergabe an die Bundespolizei gescheitert. Weitere Gründe für nicht erfolgte Abschiebungen seien Widerstandshandlungen, Weigerung der Piloten die Ausreisepflichtigen zu befördern oder in letzter Sekunde eingelegte Rechtsmittel. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag hervor.
Denn nicht alle ausreisepflichtigen Personen dürfen abgeschoben werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Duldung erteilt werden – damit ist eine Abschiebung für eine gewisse Zeit nicht möglich. Das betrifft vor allem Menschen, die in ihrem Herkunftsland nicht sicher sind, zum Beispiel im Iran. Ein solcher Fall kann aber auch vorliegen, wenn eine Person zum Beispiel schwer erkrankt ist, eine staatlich anerkannte Berufsausbildung aufgenommen hat oder keinen Pass hat.
Ein weiterer Grund: Die Weigerung der Herkunftsstaaten, Menschen ohne Bleiberecht wieder bei sich aufzunehmen. Das berichtete Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) im Rahmen der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz. Denn auch die Länder, die für Abschiebungen zuständig sind, dringen angesichts gestiegener Flüchtlingszahlen auf eine leichtere Rückführung von Menschen ohne Bleiberecht in Deutschland.
Obwohl sich Deutschland in einer akuten Flüchtlingskrise befinde, ergreife die Bundesinnenministerin weder Maßnahmen, um illegale Migration nach Deutschland zu unterbinden, noch nehme sie Maßnahmen in Angriff, um die völlig unbefriedigende Situation bei den Abschiebungen zu verbessern, kritisierte Christoph de Vries (CDU). „So kann es nicht weitergehen“, sagte das Mitglied im Innenausschuss und zuständiger Berichterstatter. Denn die Folgen seien fatal: „Die Akzeptanz unseres Asylrechts steht in der Bevölkerung inzwischen auf dem Spiel“, so de Vries. Laut einer repräsentativen Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach halten 59 Prozent der Bevölkerung eine Aufnahme von noch mehr Geflüchteten in Deutschland für nicht mehr möglich. Gleichzeitig finden 49 Prozent, dass das Recht auf Asyl eingeschränkt werden müsste.
Vor diesem Hintergrund fordert die Union, alle Instrumente für geplante Rückführungsabkommen zu nutzen. Zum Beispiel: Bei der Aushandlung und Umsetzung von Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsländern sollen „alle Kooperationsfelder“ einbezogen werden – einschließlich der Visavergabe, Entwicklungszusammenarbeit und Wirtschaftsbeziehung. Darüber hinaus schlagen sie eine Verpflichtung für Flugunternehmen vor, Abzuschiebende zu transportieren. Außerdem soll es künftig verboten sein, Abschiebedaten weiterzugeben – um in Zukunft ein Untertauchen zu verhindern.
In der der Diskussion im Bundestag wurden diese Vorschläge scharf kritisiert: „Wenn Abschiebungen abgebrochen werden, dann weil dem oftmals die persönliche Situation der Betroffenen entgegen steht“, sagte Filiz Polat (Grüne). Sie seien aus den verschiedensten Gründen geduldet – unter anderem auch wegen eines faktischen Abschiebstopps der Bundesländer, beispielsweise für Afghanistan. Und darin seien sich die Koalitionsfraktionen einig: keine Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete oder in Länder, wo Menschen Folter und Verurteilung ohne faire gerichtliche Verfahren drohen. „Daher kommen Forderungen nach einer Aufhebung des Abschiebestopps nach Afghanistan oder Syrien für uns und die meisten Bundesländer nicht infrage“, so Polat. Stattdessen wolle die Regierung die Arbeitsverbote im Aufenthaltsrecht „ohne Ausnahmen“ abschaffen, um den Menschen eine Perspektive zu bieten. Darüber hinaus wurde unter anderem ein Gesetz zur Beschleunigung des und Asylverfahrens eingebracht und mit Joachim Stamp (FDP) ein Beauftragter für Migrationsabkommen berufen. Ob dies jedoch tatsächlich die Zahl der Rückführungen erhöhen wird, bleibt abzuwarten.