Schwerpunkt Griechenland Samaras beschwört die Kanzlerin

Berlin · Kanzlerin Angela Merkel hat Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras Unterstützung signalisiert. "Ich will, dass Griechenland Teil der Eurozone bleibt", sagte sie. In der Koalition hört sich das anders an. Fraktionschef Kauder sieht in einem Austritt Athens aus dem Euro "kein Problem".

Mit Verspätung treten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Griechenlands Regierungschef Antonis Samaras an diesem Freitag um 13.20 Uhr vor die Mikrofone im Foyer des Kanzleramts. Neben dem Pult steht die griechische Fahne, eingerahmt von der deutschen und der europäischen Flagge. Es ist das Bild zu Merkels wichtigstem Satz: "Ich will, dass Griechenland Teil der Eurozone bleibt", sagt sie. Neben ihr steht Samaras und lächelt verkrampft. Fast 100 Journalisten im Saal notieren jede Regung des griechischen Regierungschefs.

Samaras weiß, dass die Zukunft seines Landes in der Eurozone maßgeblich davon abhängt, ob die deutsche Regierungschefin ihm die Reformen zutraut, die Griechenland zum Abbau seiner immensen Schuldenlast umsetzen muss. Deutschland ist größter Garant der Griechenland-Hilfen und die Stimmen aus Merkels Koalition, die einen Austritt Athens aus dem Währungsverbund befürworten, sind Samaras nicht verborgen geblieben. Noch kurz vor Samaras' Ankunft in Berlin verkündete Unionsfraktionschef Volker Kauder, ein enger Merkel-Vertrauter, via ZDF, dass ein Ausscheiden Athens aus dem Euro "kein Problem" darstellen würde. In der Koalition wurden die Äußerungen mit Erstaunen aufgenommen. Der Ton zwischen Athen und Berlin ist angespannt.

So versucht Samaras gleich zu Beginn des Auftritts, Reformwillen und Tatkraft zu vermitteln. "Griechenland wird seine Verpflichtungen erfüllen, wir sind schon dabei", sagt er und schlägt dabei seinen Handrücken auf das Pult. Er sei überzeugt, dass der im September erwartete Bericht der Troika aus EZB, EU-Kommission und IWF zum Fortschritt der griechischen Sparbemühungen zeigen werde, dass die neue Regierung Ergebnisse liefere. Er wolle das Defizit im Haushalt beseitigen, aber auch das "Defizit an Vertrauen", sagt er.

Die 30-köpfige Gruppe der Troika-Experten reist an diesem Montag erneut nach Athen. Samaras, dessen erste Auslandsreise nach Berlin führte, zeigte sich enttäuscht über die teils harsche Kritik aus Deutschland an seinem Land. "Wir sind ein sehr stolzes Volk, und wir möchten nicht von geliehenem Geld abhängig sein." Die Äußerungen über einen möglichen Austritt Athens aus dem Euro seien kontraproduktiv. Von "toxischen" Bemerkungen spricht der Grieche gar, und manch einer im Saal denkt dabei an die Forderungen aus der CSU, Griechenland aus dem Euro zu werfen. "Wer investiert Euros in unser Land, wenn er Drachmen zurückerwartet", fragt Samaras verärgert. Erneut bittet er um mehr Zeit zum Umsetzen der Sparziele. "Wir brauchen Luft zum Atmen."

Angela Merkels Gesichtsausdruck verdüstert sich in diesem Moment. Ihre Koalition lehnt bisher Zugeständnisse an Athen ab, Merkel weiß aber wohl auch, dass ein neuer Regierungschef immer auch Anspruch auf ein gewisses Entgegenkommen hat. Seit fünf Jahren steckt Griechenland in einer Rezession. Ein Aufschwung ist nicht in Sicht. Athen braucht aber Wachstum, um Staatseinnahmen zu generieren, sonst steigt die griechische Schuldenlast in Relation zur Wirtschaftsleistung noch stärker. Auch wenn er dies explizit nicht sagt: Samaras hält die harten Auflagen der Geldgeber für ein zentrales Hemmnis auf dem Weg zu Wachstum. Merkel will die Auflagen indes nicht aufweichen. Doch ihr Ton ist konziliant. Sie betont die große Freundschaft zwischen den Ländern und erklärt unmissverständlich, dass sie Griechenland im Euro-Verbund behalten wolle. "Das leitet mich." Merkel spricht von der Idee eines irreversiblen Europa und betont, dass sie "zutiefst überzeugt" sei, dass die neue Regierung nun Reformen anpacken werde.

Zwischendurch kann Merkel ihren Unmut über die verschleppten Reformen, die enttäuschten Erwartungen, aber nicht verhehlen. Griechenlands Schuldenberg liegt seit Jahren bei konstant 160 Prozent der Wirtschaftsleistung. Es hat sich wenig getan. Wenn Vertrauen zurückgewonnen werden soll, müsse Athen die Erwartungen erfüllen, mahnt sie. Es gebe noch "viel zu tun". Explizit spricht die Kanzlerin die Steuerverwaltung und die Privatisierungen an. In beiden Bereichen weist Athen nach Ansicht der Experten große Defizite auf. "Den Worten müssen Taten folgen", sagt Merkel. Die "belastbare Grundlage" für ein Urteil, ob Athens Politik ausreiche, sei nun der Troika-Bericht. Athen muss also warten bis Mitte September. Bis dahin soll der Ton zwischen beiden Ländern allerdings etwas freundlicher werden, wünschen sich beide Politiker.

(brö)
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